Imperialistische Strategie gegen die Souveränität der Völker

Die Monroe-Doktrin

Als Geburtsurkunde der außenpolitischen Strategie des USA-Imperialismus können wir die sogenannte Monroe-Doktrin betrachten.

Sie beruht auf einem Diktat gegenüber allen Konkurrenten der USA, das der 5. Präsident der USA, James Monroe (Präsident von 1816 bis 1825) im Jahre 1823 verkündet hatte.

Monroe warnte damals vordergründig die europäischen Kolonialmächte davor, sich in die „Angelegenheiten der Neuen Welt“ einzumischen und drohte, derartige Aktivitäten würden von den USA als eine Gefahr für den Frieden und die Sicherheit der Vereinigten Staaten angesehen und entsprechende Reaktionen herausfordern.

In diesem Zusammenhang entstand auch die Politik des „Großen Knüppels“ (big stick).

Monroe war fest davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten eine außergewöhnliche Position in der Welt einnahmen und ihre Ideologie und ihr politisches System nach außen tragen sollten. Damit könnten die USA zur dominierenden und unbedrohten Macht der westlichen Hemisphäre aufsteigen.

Von einer ursprünglich defensiven und isolationistischen Strategie, die vor allem auf die Abwehr europäischer Eingriffe ausgerichtet war, wandelte sich die Monroe-Doktrin in den über 180 Jahren ihres Bestehens erst zu einer Legitimation US-amerikanischer Expansionen und Invasionen in Mittel- und Südamerika bis hin zu einer globalen antikommunistischen Strategie im Kalten Krieg.

Truman-Doktrin

Ergänzt und überdeckt wurde die Monroe-Doktrin im März 1947 mit einer Erklärung Präsident Trumans vor beiden Häusern des US-Kongresses, in der dieser als neuen außenpolitischen Grundsatz formulierte:“ Ich glaube, es muss die Politik der Vereinigten Staaten sein, freien  Völkern beizustehen, die sich der angestrebten Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch äußeren Druck widersetzen.“

Der äußere Anlass war die Entscheidung der USA-Regierung, Griechenland und die Türkei, die als vom Kommunismus bedrohte Länder betrachtet wurden, eine Militärhilfe von zunächst 400 Millionen US-Dollar zu bewilligen. Das war aber nur der Rauchvorhang, um die Interessen und Planungen des US-Imperialismus für die Durchsetzung eines dauerhaften Herrschaftsanspruchs in der ganzen Welt zu tarnen

Die so genannte Truman-Doktrin erhob nun den Anspruch der Vereinigten Staaten, jederzeit und überall aktiv werden zu können, wo „die Rechte freier Völker durch direkte Drohungen und militärischen Zwang von außen oder durch verdeckte Aktionen und subversives Agieren im Inneren“ verletzt würden. Sie bildete somit die Grundlage der US-amerikanischen Eindämmungspolitik (Containment-Politik) bzw. der aggressiven Politik des „Roll back“ gegenüber der UdSSR und dem sozialistischen Weltsystem.

Nationaler Sicherheitsrat der USA

Zur Durchsetzung der außenpolitischen Interessen und Programme schuf sich die US-Administration im gleichen Zeitraum die dazu notwendigen Instrumente.

Am 26. Juli 1947 wurde das Gesetz über die Nationale Sicherheit verabschiedet. Als Koordinierungsorgan der Außen- und Sicherheitspolitik entstand der Nationale Sicherheitsrat (National Security Council – NSC) unter Leitung des Präsidenten der USA.

Als dem NSC nachgeordnete Institutionen  wurden mit dem gleichen Gesetz die Central Intelligence Ageny – CIA geschaffen, die Strukturen und Funktionen des Verteidigungsministeriums und der Ministerien der Teilstreitkräfte neu definiert und grundlegende Aufgaben der Spionagetätigkeit festgeschrieben.

In den folgenden Jahren erließ der NSC eine Vielzahl von Direktiven mit Aufgabenstellungen für die Organe der Außen- und Sicherheitspolitik, die sich vorwiegend an den angenommenen Bedrohungen von Seiten der UdSSR und des „Weltkommunismus“ orientierten.

Eine der ersten Direktiven war die NSC-Directive 10/2 vom 18. Juni 1948 über die Schaffung des „Büros für Sonderprojekte“. Damit formulierte der Nationale Sicherheitsrat den Auftrag an die US-Geheimdienste für weltweite subversive Aktionen und schuf dafür ein spezielles Koordinierungsorgan.

Am 23. November 1948 erstellte der NSC mit der Direktive Nr. 20/4 einen ganzen Katalog von „Aufgaben im Hinblick auf die UdSSR, um den sowjetischen Bedrohungen der Sicherheit der Vereinigten Staaten entgegenzuwirken (U.S. Objectives with Respect to the USSR to Counter Soviet Threats to U.S. Security).

In mehreren Direktiven befasste sich der NSC mit der US-Politik bezüglich der sogen. „Satellitenstaaten“ in Osteuropa, so in der Direktive Nr. 58 vom 14. September 1948 mit mehrfachen Ergänzungen.

Im Verlauf der Jahre 1949/1950 trugen die Analytiker der US-Geheimdienste neue Anzeichne für eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten zusammen, so u.a. der erfolgreiche Test von Kernwaffen in der UdSSR, der Vormarsch der chinesischen Kommunisten oder der Beginn des Koreakrieges und fassten ihre Schlußfolgerungen in der NSC-Direktive Nr. 68 vom 30. September 1950: „U.S. Ziele und Programme für die Nationale Sicherheit“, die mehrfach ergänzt wurde, zusammen.

Die Planungen der subversiven Strategien wurden von Anfang an flankiert von sehr konkreten Vorbereitungen militärischer Maßnahmen, einschließlich des Einsatzes von Kernwaffen. Bereits im September 1948 setzte der NSC die Direktive Nr. 30 zur „Atomwaffen-Politik der Vereinigten Staaten“ in Kraft.

NATO-Strategie

Mit regionalen Militärbündnissen schufen sich die Vereinigten Staaten Instrumente zur Internationalisierung ihrer aggressiven Strategie.

Das entscheidende Bündnis ist bis heute der Nordatlantik-Vertrag – die NATO.

Während die NATO – zumindest formal – bis 1990, dem Ende der Blockkonfrontation, der Landesverteidigung ihrer Mitglieder dienen sollte, wurde sie nach dem Ende der Sowjetunion bereits im November 1991 auf ihrem Gipfeltreffen in Rom auf ein neues strategisches Konzept festgelegt. Zu den neuen strategischen Bedrohungen zählten nun der Terrorismus und die mögliche Unterbrechung der Zugriffsmöglichkeiten auf alle bedeutsamen Rohstoffe bzw. Rohstoffreserven.

In den militärischen Gliederungen entstanden neue Strukturen – die Krisenreaktionskräfte (Rapid Reaction Forces). Damit vollzog die NATO auf Betreiben der USA einen qualitativen Schritt von einem Verteidigungsbündnis zu einem Interventionsbündnis.

Gleichzeitig breitete sich die NATO durch die Einbeziehung weiter Teile des früheren sowjetischen Einflussbereiches immer weiter nach Osten und immer näher an die Grenzen Russlands aus.

Praktische Auswirkungen waren die Aktivitäten zur Zerschlagung des Vielvölkerstaates Jugoslawien mit ihrem Höhepunkt der direkten NATO-Aggression gegen Jugoslawien. Zbigniew Brzezinski beschreibt als Ergebnis, dass erst damit der politische Einfluss und die militärische Macht der USA auf dem eurasischen Festland verankert wurde.

Das schlug sich nieder in den Beschlüssen von 1999 über eine neue NATO-Strategie, nach der völkerrechtswidrige Angriffskriege ohne UN-Mandat als Kernauftrag des Bündnisses festgeschrieben wurden.

Diese Veränderungen in der NATO-Strategie und der damit verbundene Herrschaftsanspruch der Vereinigten Staaten führten und führen weiterhin zu wachsenden Widersprüchen im transatlantischen Bündnis und zwischen den USA und den EU-Partnern unter deutscher Führung. (ein Thema, das an anderer Stelle im Detail behandelt werden müsste)

Dazu erklärte die Politikern der Partei „Die LINKE“ am 3. Oktober 2013 bei einer Demonstration in Kalkar: „Die NATO ist ein globales Kriegsführungsbündnis, das für über 75 Prozent aller Rüstungsausgaben weltweit steht. Wer eine friedliche Auenpolitik will, muss nein zur NATO sagen.“ (“junge Welt” vom 07.10. 2013)

Die Grand Strategy des US-Imperialismus gegen den europäischen Sozialismus

Eine der Grundideen der Strategie der Bush Sr.-Administration war: der UdSSR weder in wirtschaftlichen, noch politischen oder militärischen Fragen entgegenkommen – immer weitergehende Forderungen, bis hin zur Aufgabe ihres Gesellschaftsmodells.

Ein spezielles, dem Endziel (Todesstoß für den Sozialismus in Europa) vorgeordnetes Ziel war, die Staaten Ost-Mittel-Europas, als „weicher Unterleib“ des sowjetischen Einflussgebietes immer deutlicher dem Einfluss der sowjetischen Politik zu entziehen.

Dazu fand man ausreichende Ansätze in Polen, Ungarn und nicht zuletzt auch in der DDR.

Condoleezza Rice schreibt im Rückblick über die Lage in der DDR in ihrem Buch „Sternstunde der Diplomatie“ von 1997 dazu: „Nach Einschätzung der CIA war jetzt binnen weniger Monate mit einer völligen Umgestaltung Ostdeutschlands zu rechnen, die zu einer nichtkommunistischen Regierung und zu einem dramatischen Anwachsen des Verlangens nach Wiedervereinigung führen werde.“

Für die amerikanischen Strategen war ein entscheidender Indikator für die Realisierbarkeit ihrer Zielstellungen die Frage, ob die Breshnew-Doktrin noch wirksam war.

Spätestens seit dem nicht ganz freiwilligen Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan und im Gefolge einiger Erklärungen der Sowjetführer über die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker war der Führung der USA klar, dass Gorbatschow nicht bereit bzw. nicht willens war, um die Weiterexistenz der Staaten des sozialistischen Lagers in Europa zu kämpfen.

Diese Strategie war auch unter den westlichen Verbündeten nicht unumstritten (Thatcher, Mitterand). Deshalb mussten die USA auch ihr westliches Hinterland stabilisieren – über die Mechanismen der NATO nach den Vorgaben der USA. Dazu die drastisch Aussage des Stabschefs des Weißen Hauses: Washington musste Westeuropa in Reih und Glied peitschen, bevor man sich Osteuropa zuwenden konnte.

Zur Durchsetzung dieser Strategie mussten auch entsprechende Personalentscheidungen getroffen werden.

Im April 1989 wird in Bonn der Geheimdienst-General Vernon A. Walters als Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika akkreditiert. Er ist damals 72 Jahre alt und eigentlich nach einem abenteuerlichen Leben als „Schlachtross des Kalten Krieges“ (so Egon Bahr) schon längst im „wohlverdienten Ruhestand“. Nun vertritt er die Weltmacht USA in der Bundesrepublik Deutschland.

Generalleutnant Vernon A. Walters erläutert uns mit seinen eigenen Worten die Ausgangslage: „Kurz vor Neujahr (des Jahres 1989 – Anm. K.E.) rief der gewählte Präsident mich persönlich zu sich und drängte mich, die Botschaft in Deutschland zu übernehmen. … Dann fügte er die geradezu prophetischen Worte hinzu: ‚Dort wird es ums Ganze gehen. Dick, willst du mir helfen oder wirst du mich im Stich lassen?’ Das genügte für einen alten Soldaten. Ich antwortete, ich fühlte mich sehr geehrt, ihn in Deutschland vertreten zu dürfen.“[1]

Ist das nicht eine gespenstische Situation? Da sitzen zwei CIA-Veteranen im Oval Office des Weißen Hauses zusammen, der frühere CIA-Direktor George W. Bush sen. und sein früherer CIA-Stellvertreter, General Vernon A. Walters;  einer jetzt Präsident der USA, der andere schon länger im Ruhestand. Sie sprechen darüber – jetzt geht es ums Ganze !

Die besondere Pikanterie dieser Personalentscheidung enthüllt eigentlich Vernon Walters sehr offen selbst. Er wird In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Anfang 1989 mit folgenden Worten zitiert: „Ich werde nicht geschickt, wenn ein Erfolg wahrscheinlich ist. Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Letzte Ölung zu geben, kurz bevor der Patient stirbt.“[2]

Das ist wohl der entscheidende Schlüsselsatz, der uns hinter die Strategie der Bush -Administration in den Jahren 1989/90 und hinter die Aufgabenstellung, die Walters von Bush erhalten hatte, blicken lässt.

Nun wird ja wohl niemand ernsthaft behaupten, dass die BRD zu dieser Zeit kurz vor dem Sterben war und nur noch der „letzten Ölung“ bedurfte oder dass es bezüglich des Verhältnisses USA – BRD „ums Ganze“ ging.

Aber die Agonie des realsozialistischen Systems in Europa, einschließlich der Sowjetunion, zeichnete sich schon deutlich ab.

Bush sen. und seine Berater waren selbst mit den Ergebnissen der aggressiven Politik von Ronald Reagan gegenüber der Sowjetunion und dem sozialistischen Lager (Kampf gegen das „Reich des Bösen“) unzufrieden. Nach ihrer Auffassung habe die Politik der Rüstungskontrolle, der Sicherung des Gleichgewichts des Schreckens nur der Erhaltung des Status quo und damit der Sowjetunion gedient. Sie aber wollten Bedingungen schaffen und nutzen, die ein immer weiteres Entgegenkommen der Sowjetunion ohne jede Konzession von westlicher Seite erzwingen sollte – bis hin zur Aufgabe des sozialistischen Gesellschaftssystems.

Mit dieser „Grand Strategy“ hatten die Falken in der Bush-Administration die Politik des „ROLL BACK“ wohl zum ersten Male in des Wortes ernstester Bedeutung aufgefasst und praktiziert, die dazugehörigen strategischen Schachzüge entwickelt und die richtigen Leute an den richtigen Stellen platziert.

Sie nutzten gnadenlos die Erosionsprozesse in den sozialistischen Ländern und konnten sich als „Türöffner“ (besser wohl als Einfallstor) für ihre Strategie auf das Agieren einer verräterischen Führungsclique in der KPdSU, insbesondere das Triumvirat Gorbatschow – Schewardnadse – Jakowlew,  stützen.

Geheimkriege und Obamas Außenpolitik

„Wir intervenieren, wann immer es in unserem nationalen Sicherheitsinteresse liegt, ob es Ihnen passt oder nicht. Gewöhn dich dran, Welt, wir lassen uns nichts gefallen.“  (Duane „Dewey“ Clarridge, Alt-Kader der CIA)

Als unmittelbare Reaktion auf die Attacken vom 11. September 2001 erklärte der Präsident der USA, George Bush, den „Krieg gegen den Terror“ und hob damit alle bisherigen Restriktionen der Geheimdienstarbeit auf – die Hunde wurden von der Kette gelassen.

Aber diese Entscheidung betraf nicht nur eng begrenzt die Aktivitäten der USA-Geheimdienste. Damit wurde insgesamt eine qualitativ neue Phase der imperialistischen Kriegführung eingeleitet. Diese neue Qualität beruht auf den drei Säulen: Einsatz unbemannter Kampf- und Aufklärungsplattformen (Drohnen), Informationskrieg (Cyberwar) und Einsatz speziell ausgebildeter Sonderkräfte.

Damit verwischte sich immer mehr der Unterscheid zwischen militärischen Einsätzen und geheimdienstlichen Sonderoperationen. Es bildet sich zunehmend ein „militärisch-geheimdienstlicher Komplex“ heraus.

Diese Entwicklung beschreibt der fachlich versierte Reporter der New York Times, Mark Mazzetti, in seinem detailreichen Buch über das „Geschäft des Tötens“ (Killing Business – Der geheime Krieg der USA, Berlin Verlag, 2013). Sein Resümee stellt er dem Buch gleich voran: „Die CIA ist heute kein traditioneller Geheimdienst mehr, der anderen Staaten ihre Geheimnisse stiehlt. Sie ist zu einer Tötungsmaschine geworden, einer Organisation, die sich vollends der Menschenjagd verschrieben hat.“

Und weiter: Das Militär „wurde in die Grauzonen der amerikanischen Außenpolitik hineingezogen und führt heute mit Kommandoeinheiten Spionageeinsätze durch, denen Washington in den Jahren vor dem 11. September 2001 nicht einmal im Traum zugestimmt hätte.“ (S. 20/21)

Mit den dazu ergangenen Entscheidungen der US-Administration erhielt der US-Präsident die Vollmacht, überall auf dem Erdball, in jedem Lande, in dem nach den vorliegenden Informationen angeblich al-Qaida operierte,  Krieg zu führen.

Parallel dazu schuf die US-Administration vereinigte Kommandostrukturen, wodurch die Grenzlinien zwischen militärischen Einsätzen und geheimdienstlichen Sonderoperationen immer weiter verwischt wurden. Damit wurden geheime Kriege zu einem Grundpfeiler der Außenpolitik des Friedensnobelpreisträgers Obama.

Eine Entwicklung, die alle friedliebenden Kräfte aufmerksam und mit großer Sorge verfolgen sollten!

(Vortrag am 09.10.2013 Freidenker Berlin)


 

[1] Vgl. Vernon A. Walters: „Die Vereinigung war voraussehbar“ Hinter den Kulissen eines entscheidenden   Jahres; Siedler-Verlag 1994 (weiter zitiert als Walters, Vereinigung), S. 19

[2] Vgl. FAZ v. 10. Januar 1989, S. 10 „Ein Globetrotter“