Das Völkerrecht und seine Handhabung durch die westliche Staatengemeinschaft

von Karl Rehbaum

Permanent wird seit Jahren von den USA, der NATO, der EU, führenden Politikern bis hin zu den Linken sowie durch Fernsehen, Rundfunk und Presse behauptet, Russland habe die Krim annektiert, der Beitritt der Krim zur Russischen Förderation sei völkerrechtswidrig. Tatsache ist aber, dass es sich um eine Sezession handelt, die von der Mehrheit der Bevölkerung der Krim unterstützt wurde. Unter Sezession versteht man im Völkerrecht bekanntlich die Loslösung von Landesteilen aus einem Staat mit dem Ziel, einen neuen souveränen Staat zu bilden oder sich einem anderen Staat anzuschließen. Bei der Krim hat der Souverän, das Volk,  in einer Abstimmung  die Entscheidung getroffen.

Der vorangegangene Umsturz in der Ukraine gab der Übergangsregierung in Kiew keine Legalität und die ukrainischen Machthaber konnten auch nicht die ukrainische Verfassung nutzen, um staatsrechtlich der Krim eine Verletzung derselben nachzuweisen, denn sie hatten durch gewaltsame Übernahme der Macht die bestehende Verfassung außer Kraft gesetzt.

Nun wird auch gelegentlich das Budapester Memorandum von 1994 strapaziert, in dem die USA, Großbritannien, Russland u.a. als Gegenleistung zum Nuklearwaffenverzicht, die bestehenden Grenzen der Ukraine, ihre Souveränität u.a.m. garantieren. Auch hier eine Fehlinterpretation, denn das Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Krim ist durch das Memorandum nicht aufgehoben.

Natürlich gibt es im Völkerrecht gegensätzliche Auffassungen, den eigenen Interessen gemäße, auch theoretische Konstrukte. Aber das Selbstbestimmungsrecht der Völker sollte doch, und dies ist die vorherrschende Meinung, Priorität haben.

Zur Krimproblematik könnte noch eine Vielzahl weiterer  Argumente genannt werden, die Grundfrage ist und bleibt, ob es dabei wirklich um das Völkerrecht geht oder aber um die Durchsetzung der amerikanischen Strategie zu verhindern, das Russland  wieder eine Weltmacht wird.. Dass Russland dies längst wieder ist ( siehe Syrien ), hat man in Washington  und anderswo noch nicht begriffen.

Abgesehen von der Krim, ist insgesamt der Umgang mit dem Völkerrecht kein Ruhmesblatt für die internationale Staatengemeinschaft , auch nicht für die UN. Es gibt Regierungen, allen voran die der USA und einzelner NATO – Staaten, die NATO selbst  wie auch die EU, für die  die Ignorierung des Völkerrechts bzw. dessen willkürliche Auslegung Tagespolitik und Strategie ist. Deshalb im folgenden nur eine bescheidene Auswahl von eklatanten Völkerrechtsbrüchen.

Namhafte Wissenschaftler, die sich mit den von den USA geführten Kriegen beschäftigt haben sind zu dem Ergebnis gekommen, dass seit Bestehen der USA ( 242 Jahre ), sie nur 16 Jahre keinen Krieg geführt haben. D.h. die USA führten bisher 226 Jahre Kriege der unterschiedlichen Art, vorwiegend Aggressionen.

Eigentlich hat die UN das Gewaltmonopol –  Ausnahmen sind das Recht auf Selbstverteidigung und die militärische Unterstützung eines Staates, wenn dieser zu seiner Selbstverteidigung einen anderen Staat darum gebeten hat ( Russland, Iran, Syrien ). Die eklatantesten Brüche des Völkerrechts wurden oftmals, aber nicht immer, vom Weltsicherheitsrat verurteilt.

Hier eine begrenzte Aufzählung bedeutender Völkerrechtsbrüche:

  • Operationen der USA in Südamerika ( z.B. Venezuela, Kuba, Panama, Chile, Nicaragua )
  • Annexion von Jerusalem und den Golan – Höhen durch Israel. Dies hat die UN verurteilt und gefordert, die Annexionen rückgängig zu machen. Israel reagierte nicht. Seitens der UN gab es keine Sanktionen.
  • 1967 besetzte Israel das Westjordanland. Die UN forderte vergeblich die Rückgabe.
  • Der Gaza – Streifen wurde zum Ghetto und mehrfach mit militärischen Operationen überzogen. Hier werden eklatante Menschenrechtsverletzungen besonders deutlich.
  • Seit 1967errichtet Israel in besetzten Gebieten  Siedlungen, aber – das Völkerrecht verbietet solches.
  • Die USA führten zwei völkerrechtswidrige Kriege gegen Irak  und zerstörten das Land.
  • Frankreich, Großbritannien, die USA  führten Krieg gegen Libyen und stürzten dieses Land in eine Katastrophe.
  • Georgien führte einen Überfall gegen Südossetien durch und konnte nur durch das Eingreifen russischer Truppen an weiteren Handlungen gehindert werden.
  • Die Türkei zündelt unentwegt im Norden des Irak und Syriens.
  • Die USA kündigten den INF – Vertrag auf der Grundlage falscher Anschuldigungen gegen Russland. Ziel der USA ist die Produktion und Stationierung neuer Mittelstreckenraketen, auch mit Blick auf die Auseinandersetzungen mit der VR China.
  • Kündigung des Abkommens mit dem Iran durch die USA. Androhung von Gewalt. Grundlage dafür unbewiesene Behauptungen über aggressive Absichten des Iran und Unterstellung des Baues von Atomwaffen.
  • Aggression Saudi – Arabiens im Jemen, mit verheerenden Folgen für die dortige Bevölkerung.
  • Krieg der NATO gegen Jugoslawien, auch ohne Mandat der UN.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass selbst da, wo die UN die Verletzung des Völkerrechts  verurteilt hat,  es keine Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Forderungen der UN gab, auch keine Sanktionen. M.E. wäre es an der Zeit , nicht nur im UN – Sicherheitsrat  Beschlüsse zu fassen (was ohnehin bei dem Vetorecht der Ständigen Sicherheitsratsmitgliedern schwierig ist), sondern auch das Monopol der UN zur Durchsetzung zu nutzen.

Seit R. Trump Präsident der USA ist kann festgestellt werden, dass sich der Umgang mit dem Völkerrecht wesentlich verschlechtert hat und aus seinem Agieren Gefahren für den Weltfrieden akut sind.

Aus den dargelegten Fakten wird deutlich, dass die sogenannte westliche Staatengemeinschaft Völkerrechtsverletzungen danach bewertet, von wem sie begangen werden bzw. vermeintlich begangen wurden.

Vor allem scheint dringend notwendig, dass sich die NATO- und EU-Staaten, aber auch andere, nicht in blinder Loyalität von den USA vereinnahmen lassen und eine eigene konstruktive Außen- und Sicherheitspolitik betreiben. Insbesondere in der Politik gegenüber Russland bedarf es grundlegender Veränderungen, hin zu einem gemeinsamen friedliche Handeln.

K. Rehbaum

11.07.2018