Keine Chance im Deutschen Bundestag damit aufzutreten

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von Dr. Wolfgang Schacht

Am 19. November 2018 hatte der 16-jährige Schüler aus dem Gymnasium der russischen Stadt Nowyj Urengoj, Nikolay Desjanitschenko (genannt Kolja), während der Gedenkfeier zum Volkstrauertag* im Deutschen Bundestag die „Gelegenheit“, eine kurze Rede über die Lebensgeschichte eines „deutschen Kriegsgefangenen“ zu halten. Mit bewegenden Worten beschrieb er das Leben des deutschen Soldaten der faschistischen Wehrmacht, Georg Johann Rau, der während der Schlacht in Stalingrad in sowjetische Gefangenschaft geriet und am 17. März 1943 dort gestorben ist. Die Arbeit am Projekt „Lebensgeschichten deutscher und russischer Kriegsgefangener“, an dessen Realisierung sechs russische und deutsche Schüler teilgenommen haben, berührte ihn zutiefst und regte ihn schließlich dazu an, deutsche Kriegsgräber in Sibirien zu besuchen. „Ich habe die Gräber von unschuldig umgekommenen Menschen gesehen, die ein friedliches Leben geführt hatten und keinen Krieg führen wollten. Sie haben während des Krieges unwahrscheinliche Mühen durchlebt, über die mir auch mein Urgroßvater berichtete, der als Kommandeur einer Schützenkompanie den Krieg erlebte“.

Um zu begreifen, warum diese Worte von Kolja in Russland und in anderen Ländern eine Welle von Protesten ausgelöst hat, müssen wir uns zunächst von den einseitigen, engstirnigen und russophob geprägten Betrachtungen des Stern-Artikels „Büßender Russenjunge vorm Nazi-Bundestag“ – wie ein Schüler zum „Verräter“ wurde“ lösen und die folgenden grundsätzlichen Fragen beantworten:

  1. Warum säht das Establishment mit seinen Medien in Europa erneut Hass, Neid und Missgunst gegen Russland und seine Bürgerinnen und Bürger?
  2. Warum wurde der militärische NATO-Block, der am 4. April 1949 zur Vernichtung der Sowjetunion und der sozialistischen Staatengemeinschaft gegründet wurde, 1990 nicht in Analogie zum „Warschauer Vertrag“ (erst gegründet am 14. Mai 1955) aufgelöst?
  3. Warum wurde der militärische NATO-Block durch den Beitritt von insgesamt 13 ehemaligen Staaten der Sowjetunion und der sozialistischen Länder ausgebaut und verstärkt?
  4. Warum befinden sich (wie 1941!) wieder deutsche Truppen an der russischen Grenze?
  5. Warum wurden in den Ländern Rumänien, Polen und im Baltikum amerikanische Angriffs- waffen gegen Russland installiert?
  6. Warum gibt es eine Flut völlig ungerechtfertigter Sanktionen der USA und der Europäischen Union (EU) gegen Russland?
  7. Warum ist Russland plötzlich wieder unser größter Feind?

Eine gründliche Analyse dieser Fragen beweist, dass wir aus unserer Geschichte nichts, aber auch gar nichts gelernt haben! Die dreckigen, gehässigen und bösartigen Kampagnen der USA und der EU gegen Russland und seinen Präsidenten, Vladimir Putin, im Zusammenhang mit

  • einem angeblich staatlich organisierten und überwachten Doping-System bei den Olympischen Spielen in Sotschi;
  • der rechtskräftigen Entscheidung der Bewohner der Krim nach dem faschistischen Militärputsch in Kiew (Ukraine) über den Anschluss ihrer Region an ihre russische Heimat;
  • dem angeblich bewiesenen Abschuss der Malaysia Airlines MH17 mit einem Raketensystem einer russischen Militäreinheit;
  • der absurden Behauptung der amerikanischen Geheimdienste über Versuche einer russischen Einmischung in die US-Wahlen 2016;
  • den beispiellosen und durch keinerlei Fakten bewiesenen Beschuldigungen einer Vergiftung von Oberst Skripal und seiner Tochter im britischen Salisbury u.v.a.m.

sprechen Bände ( http://www.dr-schacht.com/Die_Unschuldsvermutung_wird_abgeschafft.pdf ).

Wie reagierte „unsere“ Bundesregierung und ihre Kanzlerin auf den 75. Jahrestag des Endes der Blockade von Leningrad und auf den 75. Jahrestag des heldenhaften Sieges der rumreichen Sowjetarmee über die faschistischen Armeen Europas in Stalingrad? Gar nicht bzw. in einer für Russland belehrenden, beleidigenden und kränkenden Art und Weise! Wenn Sie, verehrte Leserin und verehrter Leser, meinen Beitrag „Brief an den gefallenen Großvater“ ( http://www.dr-schacht.com/Brief_an_den_gefallenen_Grossvater.pdf ) aufmerksam gelesen haben, dann werden Sie sicher verstehen, dass die Rede von Kolja im Deutschen Bundestag nicht unbeantwortet bleiben darf. Wer sollte das tun? Ein Deutscher? Sicher nicht! Nur ein Zeitzeuge, der die Okkupation der Faschisten in der Sowjetunion noch in Erinnerung hat, kann uns helfen, unsere völlig verkommene Moral und Ethik zu entlarven. Bitte lesen Sie selbst:

Verehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages! Heute habe ich ein wahres Wunder erlebt. Dieses Wunder ist die Bundesrepublik Deutschland. Ich bin zu Ihnen gekommen und habe die schönen Berliner Straßen gesehen, auf die Menschen geschaut und die bedeutenden Denkmäler der Architektur bewundert. Jetzt stehe ich vor Ihnen und schaue auf Sie! Und ich verstehe endlich, dass dies alles ein wahres Wunder ist. Das größte Wunder ist die Tatsache, dass Sie auf die Welt gekommen sind und in Deutschland leben! Sie fragen sich, warum ich so darüber denke? Weil ich genau weiß, dass angesichts der ungeheuerlichen Verbrechen die Eure Soldaten in den von Euch okkupierten sowjetischen Gebieten verübt haben, die Rote Armee dass moralische Recht besaß, das gesamte deutsche Volk zu vernichten und anstelle von Deutschland ein verbranntes Stück Erde zu hinterlassen, von dem nur die Ruinen und wenige Zeilen in den Geschichtsbüchern davon Kenntnis geben, dass es irgendwann ein derart schreckliches faschistisches Monster gegeben hat. Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht mehr an alle Details der Okkupation. Das ist auch nicht notwendig! Denn ich erinnere mich noch sehr gut daran, was die Soldaten der Wehrmacht und der SS mit unseren Kindern gemacht haben. Sie haben sie einfach erschossen! Oft vor den Augen ihrer Eltern! Oder umgekehrt – erst wurden die Väter und Mütter erschossen, dann ihre Kinder! Eure Soldaten haben unsere Kinder vergewaltigt! Ihr habt unsere Kinder sogar lebendig verbrannt! Ihr habt sie in die Konzentrationslager geschickt! Dort habt Ihr das Blut unserer Kinder gesammelt und als Blutkonserven zu Euren Soldaten an die Front geschickt! Unsere Kinder starben vor Hunger! Tot wurden sie Euren Hunden zum Fraß vorgeworfen! Unsere Kinder wurden als Zielscheibe verwendet, tierisch gequält – einfach so – aus Spaß und Vergnügen! Nur zwei Beispiele:

  1. Einem Offizier der Wehrmacht störte das Weinen eines Kleinkindes beim Einschlafen. Er packte das Kind an den Füßen und schlug es mit dem Kopf an den Ofen!
  2. Eure Piloten bombardierten einen Zug, in dem sowjetische Kinder ins Hinterland transportiert wurden. Eure Asse machten Jagd auf die davonlaufenden erschrockenen Kinder. Mehr als 2.000 Kinder haben die Faschisten zielstrebig erschossen!

Ich wiederhole: Allein dafür, was Ihr mit unseren Kindern gemacht habt, hatte die Rote Armee das  moralische Recht, Euer Land mit allen Einwohnern zu vernichten! Aber sie hat es nicht getan! Bereue ich das? Nein, natürlich bereue ich das nicht! Ich verneige mich vor dem eisernen Willen der älteren sowjetischen Kommandeure, welche die unwahrscheinliche Kraft fanden, sich nicht auf das verbrecherische und teuflische Niveau der deutschen Wehrmacht und SS ziehen zu lassen. Auf der Gürtelschnalle der deutschen Soldaten stand geschrieben „GOTT MIT UNS“. Doch sie waren Ausgeburten der Hölle und haben den Satan in unser Land gebracht! Die Soldaten der Roten Armee waren Komsomolzen und Kommunisten, erwiesen sich jedoch als bessere Christen, als die Einwohner des aufgeklärten religiösen Europas. Wir haben uns nicht gerächt! Nein! Mit teuflischen Handlungen lässt sich die Hölle nicht besiegen! Ihr braucht uns nicht um Entschuldigung zu bitten, denn persönlich tragt Ihr keine Schuld! Für die Schandtaten Eurer Großväter und Urgroßväter seid Ihr nicht verantwortlich. Verzeihen kann ihnen nur der liebe Gott! Aber ich sage Euch ganz ehrlich, für mich sind die Deutschen ein sehr fremdes und abartiges Volk! Nicht weil Sie persönlich schlechte Menschen sind, sondern weil in meiner Seele der Schmerz der von Eurer Wehrmacht erschossenen und verbrannten Kinder schreit. Weil wir uns an die Auszeichnungen unserer Väter, an ihre schweren Verwundungen, an den Tod ihrer Frontkameraden noch gut erinnern können, müsst Ihr uns so zur Kenntnis nehmen – ob Ihr wollt oder nicht. Was in den kommenden Generationen passiert, weiß ich nicht! Vielleicht kommen nach uns solche Dummköpfe, die alles vergessen. Noch ist Russland nicht verloren! Natürlich müssen die Russen mit den Deutschen zusammenarbeiten. Nur gemeinsam können wir die anstehenden Probleme lösen! Wir kämpfen gegen den Terrorismus und bauen Gasleitungen! Ihr … Doch eines muss Ihnen klar sein: Wir werden uns niemals für unseren großen Sieg im Kampf gegen den Faschismus in Europa entschuldigen! Niemals! Besonders nicht vor Euch! Denn wir haben Euch und uns gerettet. Ich weiß nicht, was wichtiger ist! (Quelle: https://glav.su/blog/29407/1382265/ )

Jetzt wissen wir, was die Mehrzahl der russischen Bürgerinnen und Bürger über die Veranstaltung des Deutschen Bundestages anlässlich des Volkstrauertages am 18. November 2018 denkt. Haben die Organisatoren gewusst, dass sie die „Büchse der Pandora“ öffnen? Wir wissen es nicht – können es aber vermuten!

Dr. Wolfgang Schacht                                                                 09. Mai 2019

Fußnote zu Seite1: *Der Volkstrauertag soll an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltbereitschaft und Gewaltherrschaft aller Nationen erinnern. Der ursprüngliche Gedanke, dass es nur um Kriegstote geht, wurde auf die Opfer des Rassismus erweitert.