In Deutschland fehlt vielen Menschen das Gespür für die Problematik der eigenen, der deutschen Geschichte. Es fehlt die individuelle Sensibilität dafür, wie Extremismus entsteht, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um wieder zu einer repressiven, nach innen wie nach außen, aggressiven Gesellschaft zu werden. Es fehlt nicht nur das Wissen darüber, wie Totalitarismus entsteht, sondern vor allem mit welcher Geisteshaltung man selbst – ganz individuell – die Entstehung einer extremistischen, repressiven Gesellschaft begünstigt.
Diese Blindheit gegenüber dem eigenen Verhalten und seiner gesellschaftspolitischen Implikationen in der Breite der deutschen Bevölkerung führt nun dazu, dass Deutschland all seine historisch gemachten Fehler wie im Zwang wiederholt. Deutlich sichtbarer Ausdruck dafür sind die Demonstrationen gegen die Opposition, die unter dem Motto “Aufstehen gegen rechts” stattfinden.
Auf ihnen werden Forderungen nach einem Verbot der Opposition erhoben, es werden Einschränkungen der Meinungsfreiheit gefordert sowie der Ausschluss von Menschen mit anderen Sichtweisen aus der Gesellschaft. Diesen Forderungen entspricht die Politik. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, mit dem sie im Sinne der Proteste “Demokratie schützen” will. Die Menschen haben Angst, Angst vor einem Wiedererstarken des Faschismus. Die Angst und die Sorge sind sicherlich echt. Doch die Mittel, mit denen dieses Wiedererstarken verhindert werden soll, sind totalitär. Von ihnen geht die eigentliche, die echte Gefahr für die Demokratie aus. Vor dieser Gefahr aber haben die Streiter und Kämpfer gegen rechts keine Angst.
Zum Schutz der Demokratie Demokratie abschaffen
Wer sich die von Faeser zusammengestellten Maßnahmen anschaut, versteht unmittelbar, dass es nicht um den Schutz von Demokratie geht. Es geht um ihre Abschaffung. Bis hin zu Berufsverboten für Andersdenkende ist alles im Maßnahmenkatalog enthalten, was einen totalitären Staat auszeichnet. Dass dies all die Kämpfer gegen rechts gerade angesichts der deutschen Geschichte nicht stört, sie es sogar begrüßen, zeigt, dass die richtigen Schlussfolgerungen aus der eigenen Geschichte von einem großen Teil der Deutschen bisher nicht gezogen wurde.
Auch die großen deutschen Medien haben die richtigen Schlussfolgerungen nicht gezogen. Sie sind erneut eine enge Verbindung mit Politik eingegangen. Der deutsche Journalismus hat seine journalistische Aufgabe preisgegeben. Er berichtet nicht mehr über Politik, sondern versteht sich als ihr Vermittler gegenüber den Menschen des Landes, die zu erziehen sind. Er sagt, welche Haltung einzunehmen ist, und stellt jene an den Pranger, die sich den Vorgaben verweigern. Der deutsche Mainstream ist Teil des Machtapparats. Es hat sich ein politisch-medialer Komplex gebildet. Das dies möglich wurde, zeigt, dass in Deutschland die falschen Lehren aus der eigenen Geschichte gezogen wurden.
Der “Kampf gegen rechts” wird von den großen deutschen Medien aktiv unterstützt. Die Diskriminierung von der Regierung nicht genehmen Meinungen ebenso. Was von der vorgegebenen Richtung abweicht, wird als rechts und faschistisch diffamiert. Die Begriffe sind entgrenzt. Mit ihnen wird suggeriert, die deutsche Gesellschaft sei unterwandert und durchsetzt mit subversiven Subjekten, die ausgegrenzt, angezeigt, abtransportiert werden sollten. Alles schon mal da gewesen. Deutschland tappt in die Falle seiner eigenen Geschichte. Im Versuch, gemachte Fehler nicht zu wiederholen, werden genau die Fehler gemacht, die man vermeiden möchte. Der Grund dafür ist eine totalitäre Geisteshaltung.
Als Lehre aus der Geschichte wieder auf der Seite des Völkermords
Im Bemühen, die historisch gemachten Fehler nicht zu wiederholen, solidarisiert man sich mit Israel. Auf den entsprechenden Demonstrationen gegen Antisemitismus bestätigt man sich gegenseitig, dass diese blinde Solidarität gegenüber Israel eine aus der deutschen Geschichte erwachsende Pflicht der Deutschen ist. Und schwupp – stehen die Deutschen wieder auf der Seite des Völkermords.
Blind und bedingungslos – das sind die falschen Lehren aus der deutschen Geschichte. Wachen Auges, mit Verstand und Abwägung – das wären die richtigen Schlüsse, die zu ziehen Deutschland nach wie vor nicht in der Lage ist.
Um keine Kompromisse eingehen zu müssen, setzt man auf militärische Lösungen. Die Vernichtungsidee ist in Deutschland längst wieder alltägliches und allgemein gegenwärtiges Gedankengut geworden. Die Vernichtung der Hamas, die Vernichtung Russlands – ein relevanter Teil der Deutschen hat die falschen Schlüsse aus der deutschen Geschichte gezogen und sich damit dazu verdammt, sie zu wiederholen.
Der richtige Schluss wäre, die Debattenräume nicht zu verengen, sondern sie zu erweitern. Den Korridor der zugelassenen Meinungen nicht zu verengen, sondern ihn zu erweitern. Politik zu korrigieren, wenn sie auf umfassenden Protest stößt.
Auf individueller Ebene heißt das, gut darauf zu achten, was eine andere Meinung in mir auslöst: Macht sie mich wütend? Erzeugt sie Hass auf den, der sie äußert? Dann ist nicht die Meinung das Problem, sondern meine Haltung zu ihr. In Deutschland müssen die Menschen lernen, Freiheit zuzulassen. Eine Position der Macht auszunutzen, um andere verbal abzuwatschen und auszugrenzen, ist die falsche Lehre aus der deutschen Geschichte. Man muss wieder diskutieren, wieder lernen, sich aktiv um Verstehen zu bemühen. Dann sind die richtigen Schlüsse aus der deutschen Geschichte gezogen. Freiheit entsteht nicht durch Verbot. Mit Ab- und Ausgrenzung, mit dem Wunsch nach Vernichtung, mit dem Ruf nach Verbot und Einschränkung wiederholt die deutsche Gesellschaft das, was sie niemals wiederholen wollte. Sie ist gerade auf dem falschen Weg.
Zuerst erschienen bei Neulandrebellen am 16. Februar 2024