In der Traueranzeige zu Jürgen Strahls Tod stand:
„Ein starkes Kämpferherz hat aufgehört zu schlagen.“
Als wir 1994 in unserem Verfahren wegen „Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit“ (für die DDR) Rechtsanwälte suchten, wurden uns Jürgen Strahl und Frank Osterloh (der bereits 2004 verstarb) empfohlen. Bei unserer ersten Besprechung im November 1994, merkten wir sofort, sie stehen nicht nur juristisch auf unserer Seite, sondern auch politisch.
Auf dem 15. Deutschen Juristentag im September 1991 hatte der damalige Bundesjustizminister Klaus Kinkel den Auftrag erteilt, die DDR zu „delegitimieren“. Es war ein eindeutiger politischer Auftrag zur juristischen Verfolgung. Über 85.000 Strafverfahren gegen DDR-Bürger folgten, die ihre beruflichen Tätigkeiten gemäß den Gesetzen und der Verfassung ihres Landes, der DDR, ausgeführt hatten. Die bundesdeutsche Justiz verstieß damit gegen das Rückwirkungsverbot und gegen den Einigungsvertrag.
Teil der verordneten „Delegitimierung der DDR“ war auch die Ungleichbehandlung der geheimdienstlichen Tätigkeit beider deutscher Staaten: DDR-Kundschafter wurden von der bundesdeutschen Justiz auch nach dem Ende der DDR strafrechtlich verfolgt, BRD-Agenten hingegen, die in der DDR für Spionage verurteilt worden waren, wurden von der BRD per Gesetz rehabilitiert und entschädigt.
Unsere beiden Rechtsanwälte engagierte sich juristisch und politisch im Kampf gegen die Anmaßungen der bundesdeutschen Siegerjustiz und gegen das Unrecht der politischen Strafverfolgungen.
Jürgen Strahl verstarb am 10. November 2024
Jürgen, geboren am 29.10.1940, ein Enkel des Anführers der Novemberrevolution 1918 in München und ersten Ministerpräsidenten (USPD) des Freistaates Bayern, Kurt Eisner, wuchs als Kriegs- und Nachkriegskind in einfachen Verhältnissen auf. In der DDR machte er Abitur, diente in der NVA und studierte Rechtswissenschaften. Ab1969 arbeitete er in der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR und ab 1980 als Justiziar in einem Ministerium. Kurz vor der Annexion der DDR durch die BRD wurde er praktizierender Rechtsanwalt. Er war vielseitig interessiert und in jüngeren Jahren sportlich aktiv. Er hatte einen Flugschein und eine Taucherlaubnis. Und er galt als zuverlässiger und überzeugter Genosse.
Nach 1990 hat Jürgen aktiv an der Realisierung der Aufgaben der GRH teilgenommen. Seine Hilfsbereitschaft kam besonders in seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt zum Tragen. Er half vielen strafverfolgten ehemaligen DDR-Bürgern, auch Mitarbeitern der HV A in der Auseinandersetzung mit der bundesdeutschen Justiz. All jene, die sich gegen die politische BRD-Justiz wehrten, konnten auf seine Hilfe und Solidarität bauen.
Er war unser Freund und Linksanwalt.
Doris und George Pumphrey