Standing Ovations im Reichstag…

Anmerkungen von Doris Pumphrey

27. Februar 2022: In einer Sondersitzung des Bundestages wurde Andrij Melnyk, der ukrainische Botschafter und Verehrer des Nazi-Kollaborateurs und Kriegsverbrechers Stepan Bandera, als Ehrengast im Reichstag begrüßt. Die Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und LINKEN (!) erhoben sich zu Standing Ovations. Die Mehrheit der AfD Abgeordneten blieb sitzen.

Ganz ergriffen hörten die Bundestagsabgeordneten dem am 17. März im Reichstag zugeschalteten ukrainischen Präsidenten Selenskij zu, der ihnen erzählte, Russland wolle das ukrainische Volk vernichten. Den deutschen Bundeskanzler forderte er auf: „Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die es verdient!” und beendete seine Rede mit der Parole der ukrainischen Nazi-Kollaborateure „Slawa Ukraini!”. Die Bundestagsabgeordneten erhoben sich und klatschten langanhaltend.

Es waren beängstigende Szenen. Und dies war erst der Anfang.

Inzwischen haben sich deutsche Politikerinnen und Politiker in ihrem anti-russischen Wahn gegenseitig hochgeschaukelt. Das Ausmaß selbstgerechter Heuchelei und moralischer Hybris ist beispiellos.

„Der Aufmarsch, den wir begonnen haben, ist ein Aufmarsch der Gesinnung. Es ist eine Gesinnung der Tat, die eine Umwertung der Werte eingeleitet hat, um ihre Neuwertung zu vollziehen“, hatte Propagandaminister Joseph Goebbels 1933 stolz erklärt.

Die „Vernichtung der Lebenskraft Russlands”, wie Hitler es formuliert hatte, war nicht gelungen. Heute will die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock „Russland ruinieren” und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz mahnt: „Es muss unser Ziel bleiben, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt”. Sein Verteidigungsminister Boris Pistorius schlägt die Hacken zusammen: „Und ja, Deutschland muss Führung übernehmen”.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen ist sich sicher „Putin wird scheitern, Europa wird siegen.” Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Strack-Zimmermann will gegen Russland “alles ins Feld schicken, was wir haben”. Der außenpolitische Obmann der Unionsfraktion im Bundestag, Roderich Kiesewetter, fordert „Der Krieg muss nach Russland getragen werden. Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände.” Und all jenen deutschen Revanchisten, die sich jahrzehntelang bemüht hatten, die eigene Geschichte zu verdrängen, die Stalingrad nie verwinden konnten, gibt dieser Bellizist neue Hoffnung: „Russland muss verlieren lernen!”

„Wir sind und bleiben an der Seite der Ukraine,” betont Bundpräsident Steinmeiner vor ukrainischen Soldaten auf dem Truppenübungsplatz Klietz (Landkreis Stendal).

Im Stellvertreterkrieg gegen Russland unterstützt die deutsche Regierung politisch, militärisch und finanziell ein Regime, das auf allen Ebenen mit russophoben Faschisten durchsetzt ist – eine Ukraine, in der Nazi- und SS-Kollaborateure offiziell als Nationalhelden verehrt werden und dessen Präsident Selenskij im kanadischen Parlament dem ukrainischen Veteranen der SS-Division „Galizien” zujubelt. Deutsche Politikerinnen, Politiker und Medien überziehen unser Land mit einer beispiellosen Kriegspropaganda und russophoben Hetze. Der Angriffskrieg Nazideutschlands gegen die Sowjetunion, der 27 Millionen Tote und verbrannte Erde hinterließ, soll vergessen werden.

Jegliches Schuld- und Schamgefühl über die eigene deutsche Geschichte wurde abgelegt.

Mit ihrem Antrag „Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine”, der vor wenigen Tagen, am 20. Februar, vom Bundestag angenommen wurde, hat die deutsche Regierung den letzten Beweis für ihre völlige Verkennung und Verfälschung der Realität und ihren Geschichtsrevisionismus geliefert. Dieser Beschluss wird als Dokument der Schande in die Geschichte eingehen.

Nachbemerkung: 

Der 27. Februar, der Tag, an dem der Verehrer der Nazikollaboration Andrij Melnyk von den Bundestagsabgeordneten begeistert empfangen wurde, war der gleiche Tag im Jahr 1933, als der Reichstag in Flammen stand, angezündet in einer False-Flag-Operation der Nazis, um in der Folge Tausende Kommunisten zu verhaften.

Im Sommer 1999, beim Umzug des Bundestages nach Berlin, kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung unter den Abgeordneten über die „Russen-Graffiti im Reichstag”. Darüber berichtete u.a. die taz:

„Nach der Euphorie über den Umbau des Reichstagsgebäudes gibt es nun Streit über die restaurierten russischen Graffiti. Der Architekt Norman Foster habe mehr Soldaten-Inschriften als abgesprochen im neuen Bundestagsgebäude stehen lassen, sagte der Vorsitzende der Bundestagsbaukommission, Dietmar Kansy. „Ich fühle mich verschaukelt”, sagte der CDU-Politiker. Statt nur an sechs Stellen habe Foster die Inschriften von Soldaten, die den Reichstag 1945 gestürmt hatten, flächendeckend wiederhergestellt. „Ich gehe davon aus, daß wieder etwas weggenommen wird”, sagte die Grünen-Politikerin Franziska Eichstätt-Bohlig dazu. Ob eine Beseitigung politisch angeraten sei, bezweifelte allerdings FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Heinrich. Der CSU-Abgeordnete Wolfgang Zeitelmann sagte, notfalls müsse man „hingehen und das mit schwarzer Farbe übermalen, das ist dann auch Graffiti”.”

Die Zahl deutscher Abgeordneter, die heute schwarze Farbe nehmen würden, dürfte gewachsen sein. Im Reichstag, in dem faschistoide Russophobie heute offen und stolz zelebriert wird, müssen es viele Abgeordnete geradezu als Zumutung empfinden, auf ihrem Weg in den Plenarsaal durch die Inschriften sowjetischer Soldaten an die Geschichte erinnert zu werden. Und wer weiß, wie weit Überlegungen gediehen sind, einen Antrag im Bundestag zu stellen, um auch diese Erinnerung an die Geschichte zu „canceln”.

Aber: Wir vergessen nicht!