Das Pentagon – „Handbuch zum Kriegsrecht“ ( „Law of War Manual“ )

Das Handbuch zum Kriegsrecht wurde vom Pentagon in Juni 2015 herausgegeben, erreichte aber erst im Spätherbst 2015 die Öffentlichkeit. Es hat einen Umfang von 1165 Seiten. Dieses Handbuch ist eine Anleitung zum totalen Krieg und zur Errichtung von Militärdiktaturen.

Von der internationalen Presse wurde es kaum in seiner Gefährlichkeit wahrgenommen und entsprechend „unterbelichtet“ behandelt. In den USA hat sich lediglich die „New York Times“ gründlich damit befasst, in Deutschland wird das Handbuch ausführlich auf der trotzkistischen „World Socialist“ -Website analysiert und mit einzelnen Artikeln im „Spiegel“ und der „Süddeutschen Zeitung“ behandelt. Das Internetportal RT DEUTSCH analysiert die Schwerpunkte des Dokuments. Entsprechend der Bedeutung des Handbuches und seiner Gefährlichkeit bei einer Umsetzung stand und steht es zu wenig in der Aufmerksamkeit der Politik.

Hier einige Hervorhebungen:

  • das Handbuch hat Gültigkeit für alle Teilstreitkräfte und die 4 Geheimdienste, die mit militärischen Aufgaben befasst sind
  • das Handbuch ist eine Anleitung zum Brechen des Völkerrechts und zum Begehen von Kriegsverbrechen. Es begründet autoritäre Rechtstheorien
  • es setzt Menschenrechte und die USA – Verfassung außer Kraft
  • das Kriegsrecht wird über alle anderen Rechtssetzungen gestellt
  • enthält Anweisungen zur Niederschlagung von Aufständen und für die Gestaltung eines Ausnahmezustandes
  • begründet die Unanfechtbarkeit von Befehlen
  • der Militärapparat soll höchste gesetzgebende Gewalt werden
  • Menschenrechtsverträge haben im Krieg gegen den Terror keine Gültigkeit
  • die USA erkennen keinen internationalen Gerichtshof an und fühlen sich nicht an die Genfer Konventionen von 1949 gebunden.

Dies alles sind Voraussetzungen zur Führung eines totalen Krieges. Sie dokumentieren den Zusammenbruch der bürgerlichen Demokratie. Sind auch auf Grund der Überhöhung der Rolle der USA in der internationalen Politik die Grundlage für den selbstherrlichen und provokanten Umgang der USA mit internationalen Verträgen. Eine genauere Betrachtung zeigt, dass internationale Verträge durch die USA entweder nicht ratifiziert, nicht realisiert oder zum einseitigen Vorteil ausgelegt werden. Als Beispiele dafür genügt die Nennung von KSE, MBFR, Atomwaffensperrvertrag, SALT I und SALT II. Das Handbuch ist eine Ermächtigung, gegen jedes Land Krieg zu führen und Anspruch auf die Weltherrschaft zu erheben.

Im folgenden einzelne Probleme aus dem Inhalt des Handbuches herausgegriffen:

Die USA vertreten die Auffassung, „ dass die Definition des Angriffskrieges im Statut von Rom nicht mit dem Völkerrecht übereinstimmt.“ (Seite 45). Die USA weigern sich die Autorität des Internationalen Strafgerichtshofes anzuerkennen.

Im ersten Teil des Handbuches wird die Tötung von Zivilisten bzw. deren Inhaftierung in Größenordnungen behandelt.

Journalisten dürfen zensiert und auch wie Spione behandelt werden. (Seite 175).

Der Einsatz von Atomwaffen, Napalm, angereichertem Uran, Streubomben usw. wird für zulässig erklärt und den Kommandeuren freigestellt diese Waffen einzusetzen.

Demagogisch wird auf die Nürnberger Kriegsverbrecher – Prozesse verwiesen. Infolgedessen sei das Kriegsrecht eine US-amerikanische Errungenschaft. Aber nach dem Nürnberger Urteil ist die Entfesselung eines Angriffskrieges ein Verbrechen gegen den Frieden. Und gerade die USA handeln dem entgegengesetzt und sind der Auffassung, die Grundsätze von Nürnberg gelten nur für andere Staaten.

Die USA meinen das Recht zu haben beliebige Personen zu entführen und zu ermorden. Sie nehmen sich auch das vermeintliche Recht, die ganze Welt auszuspionieren und andere Staaten „vorbeugend“ zu überfallen. Hierzu ein Zitat:

„Die Berechtigung Handlungen vorzunehmen, die unter des Kriegsrecht fallen, erwächst aus der Souveränität eines Staates und nicht aus irgendwelchen völkerrechtlichen Vereinbarungen.“

Das Handbuch ist eine Art Ermächtigungsgesetz. Das Kriegsrecht wird als Überrecht dargestellt und steht nach Ansicht des Pentagon auch über den Menschenrechten.

So wie im Zusammenhang mit Ereignissen um den 11. September 2001 beim Terror die Welt zum Schlachtfeld erklärt wurde, kann man nach dem Handbuch auch eine Militärdiktatur über der Erdball errichten.

Das US-Kriegsrecht setzt sogar den völkerrechtlich gebotenen besonderen Schutz der Zivilbevölkerung außer Kraft. Zitat:

„Wenn ein Kommandeur zum Beispiel erkennt, dass durch Vorsichtsmaßnahmen der Erfolg eines Militäreinsatzes gefährdet wäre oder seine Soldaten selbst in Gefahr gerieten, muss er keine Rücksicht auf Zivilisten nehmen.“ (Seite 191)

Die gezielte Tötung von Einzelpersonen wird gerechtfertigt (siehe Drohneneinsätze).

Journalisten werden als nicht bevorrechtigte Kriegsteilnehmer eingestuft. Zitat:

„…Nach Kriegsrecht haben Journalisten keine Sonderrechte, die ihnen das Betreten des Territoriums fremder Staaten oder von Kampfgebieten ohne Erlaubnis des Staates erlauben, der dort eine Militäroperation durchführt,“ (Seite 175)

Der Begriff Pressefreiheit kommt im Handbuch nicht vor.

Das Handbuch bringt deutlich den Anspruch der USA auf Weltherrschaft zum Ausdruck. Danach gibt es eine Berechtigung gegen jedes beliebige Land, Krieg zu führen, es zu besetzen. Den USA fällt es zu, die ganze Welt zu „organisieren“.

Das Handbuch enthält für die Handlungsanweisungen bei Militäreinsätzen, wenn man so will, eine Art juristische Begründungen. So werden die strategischen Bomberkräfte ermächtigt, die zivile und kommerzielle Infrastruktur der angegriffenen Staaten zu zerstören. Es wird die Einrichtung großer Lager für Häftlinge und Zwangsarbeiter erlaubt.

Bei genauerer Betrachtung der Formulierungen werden im Nachhinein begangene Verbrechen der US-Streitkräfte (Afghanistan, Irak usw.) legalisiert. Die USA entziehen sich der völkerrechtlichen Forderung, Kollateralschäden so gering wie möglich zu halten.

Auf Seite 291 des Handbuchs ist zu lesen; “Aushungern ist ein legitimes Mittel der Kriegführung“. Die USA sollten im Zusammenhang mit der aktuellen Situation in Aleppo daran erinnert werden. Und auf Seite 316 steht:

„Der Kommandeur einer US-Belagerungstruppe ist nicht verpflichtet, den Durchlass von medizinischen oder religiösen Personal oder medizinischen und sonstigen Bedarf zu gestatten.“

Es gibt auch andere Konstrukte, z.B. :

  • Nationale Sicherheitsinteressen der USA können nicht gewahrt werden, wenn die Bestimmungen der Streubomben – Konvention eingehalten werden.
  • Der Einsatz von Nuklearwaffen wird autorisiert, sofern er militärische Vorteile bringt.
  • Das Völkerrecht ist mit dem Rechtsverständnis der US-Regierung unvereinbar.
  • Das Kriegsrecht ist in den USA auch für die Innenpolitik und sämtliche Behörden bindend.
  • „Keinem Staat zuzurechnende bewaffnete Gruppen haben im Kampf mit einen Staat jedoch keinerlei Rechte.“ (Seite 1025) – Sie werden also für Vogelfrei erklärt. Ihnen werden keine Rechte als Kriegsgefangene zugestanden.

In einem Abschnitt des Handbuchs gipfeln die Ansichten darin, das Jemand der auf Befehl Kriegsverbrechen begeht, kein Kriegsverbrecher ist. Hier folgt man den Argumenten der deutschen Hauptkriegsverbrecher beim Nürnberger Prozess, man habe auf Befehl gehandelt und sich dadurch nicht strafbar gemacht. D.h. von Vorgesetzten gegebene Befehle sind rechtlich unangreifbar.

Auch Bestimmungen zur Niederschlagung von Aufständen, inneren Unruhen und für den Ausnahmezustand in den USA sind im Handbuch enthalten. Im Pentagon gibt es seit Jahrzehnten ein Amt für zivile Unruhen (Department of Defense Civil Disturbance Directorat). Seit 1968 wird jährlich der „US-Army Civil Disturbance Plan“ (Tarnname „Operation Darten Plot“) aktualisiert. Darin ist festgelegt, welche Einheiten der US-Army innerhalb von 6 Stunden in welche Großstädte einrücken um Aufstände niederzuschlagen. Es geht um die Anwendung des Kriegsrechts im Innern und dies wird auch geübt.

Von verschiedenen Präsidenten der USA (Carter, Reagan, Bush) wurden die Bestimmungen zum Einsatz der US-Army im Innern laufend „qualifiziert“ und institutionell organisiert. So zum Beispiel schuf die Bush jun.-Regierung das militärische Regionalkommando NORTHCOM, welches für ganz Nordamerika zuständig ist. 2010 hat dieses Kommando die für die „Operation Garten Plot“ vorgesehenen Bestimmungen durch den CONPLAN 3501 ersetzt. Er enthält Einzelheiten zur militärischen Besetzung der USA durch die eigene Armee.

Der US – amerikanische Militärapparat soll zur höchsten gesetzgebenden Gewalt werden. Hier wird in den USA die Macht konzentriert und der Anspruch auf Weltherrschaft artikuliert. Aber dies ist auch nicht ganz neu. Die US-Administration führt Kriege in allen Teilen der Welt, bereitet neue Kriegs vor. Sie sucht dafür Verbündete, übt Terror unter der Losung des Kampfes gegen den Terror, destabilisiert andere Länder und Bündnisse usw., usf..

Nun ist das Handbuch nicht das einzige Konstrukt welches Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit für Recht erklärt und Völkerrecht zur Makulatur macht. Erst kürzlich (am 08.08.2016) war in der Tageszeitung „Junge Welt“ zu lesen, dass es ein 18 Seiten umfassendes Handbuch des Kabinetts von Präsident Obama gibt, welches Einzelheiten zur Genehmigung von Angriffen mit Drohnen in Ländern wie Pakistan, Libyen, Jemen und Somalia enthält, Angriffe in Ländern, in denen die USA offiziell nicht Krieg führen. Alle Angriffe müssen vom Präsidenten genehmigt werden. Auch hier Handlungen, wobei der Tod Tausender Menschen billigend in Kauf genommen wird.

Die hier gewiss nicht ausreichende Beschreibung der verbrecherischen Aktivitäten der US – Administration macht jedoch deutlich, dass man bei den USA weder von einer Demokratie, noch von einem Rechtsstaat sprechen kann und die sogenannte Führungsmacht der westlichen Welt, mit Ambitionen zur Weltherrschaft, gezwungen werden muss, das Völkerrecht zu respektieren. Es sollte alles unternommen werden, um zuerst den Einfluss der USA zurückzudrängen. Dazu gehört auch der Abzug der US – Streitkräfte aus der BRD und Italien als dringlichste Forderung. Die Repräsentanten der US – Administration, beginnend beim Präsidenten Obama, über die Chefs vom Außen – und Verteidigungsministerium, hohe Diplomaten und Militärs gehören wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor einem internationalen Strafgerichtshof angeklagt und verurteilt. Die UNO sollte aufgefordert werden sich dem übermäßigen Einfluss der USA zu entziehen und dem Völkerrecht mehr Geltung zu verschaffen.

K. Rehbaum

18.08.2016