Von Dagmar Henn
Wenn Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, den Mund aufmacht, sollte man genau hinhören. Denn er verrät mehr von seiner Sicht auf die Welt, als ihm bewusst sein dürfte. Zusätzlich gibt er vieles über den Zustand der deutschen Demokratie preis.
Zuerst muss ich ein Geständnis ablegen – ich bin Rüstungslobbyistin. Nein, wirklich. Ich habe einmal an einem “parlamentarischen Abend” von Kraus-Maffei-Wegmann teilgenommen, als ich im Münchner Stadtrat saß.
Ich bin natürlich ganz regulär dazu eingeladen worden, wie man in solchen Positionen zu vielen Veranstaltungen eingeladen wird, und eher aus Verblüffung hingegangen, weil die Einladung von Kommunalpolitikern irgendwie nach Verzweiflung roch. Nachdem aber inzwischen der Besuch von Empfängen in der russischen Botschaft ausreicht, um jemanden mehr oder weniger zum russischen Agenten zu machen, bin ich seitdem Rüstungslobbyistin.
So geht das, wenn man Informationen zurechtbiegt. Einem Abgeordneten vorzuwerfen, auf Empfängen gewesen zu sein, das ist wie einem Lastwagenfahrer vorzuwerfen, eine Raststätte anzusteuern. Wer ein wenig Kenntnis von der Tätigkeit eines Abgeordneten hat, weiß, dass solche Termine einfach dazu gehören, weil das Zuhören ein wichtiger Teil ist, wenn man Politik ernsthaft betreibt, und dieses Zuhören möglichst breit gefächert sein sollte. Im Grunde sind solche Empfänge Vorarbeit. Man beschnuppert sich ein wenig, weil für längere Gespräche ohnehin keine Zeit ist, kennt einander zumindest vom Sehen und kann in etwa festhalten, ob das Gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen war oder nicht.
Das läuft in der Wirtschaft nicht anders ab, und man sollte das auch nicht unterschätzen – eines der Probleme, die kleine, arme Länder bei der Entwicklung ihrer Wirtschaft haben, ist, dass selbst die Botschafter es sich oft nicht leisten können, interessante Kooperationspartner kennenzulernen, weil die Fahrtkosten zu hoch sind.
Aber zurück zu den Empfängen. Das mit dem Rüstungslobbyismus war natürlich eine Variation über die Sicht des ZDF, nach der der AfD-Vorsitzende Chrupalla schon deshalb ein russischer Agent sein müsse, weil er den Jahresempfang der russischen Botschaft aufgesucht hatte. Geäußert hat diesen Dummfug der Moderator im Gespräch mit dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der daraufhin auch nicht erklärte, das sei eine schamlose Übertreibung.
Nein, im Gegenteil. Seine Definition eines Agenten ist gerade für den Leiter jener Behörde, die für Spionageabwehr zuständig ist, wirklich beeindruckend weit gefasst:
“Wir hatten ja auch eine ganze Reihe russischer Agenten hier in Deutschland stationiert, auch deren Aufgabe ist es, Kontakte zu knüpfen, Politiker anzusprechen, Personen der Medien anzusprechen, und auf diese Art und Weise Narrative zu verbreiten.”
Das, Herr Haldenwang, ist nicht die Aufgabe von Agenten, sondern die Aufgabe ganz gewöhnlicher Botschaftsmitarbeiter. Oder der Mitarbeiter von Stiftungen oder Kulturinstituten und Konsulaten und … weil “Kontakte knüpfen, Politiker ansprechen, Personen der Medien ansprechen und Narrative verbreiten”, also die Sicht des eigenen Landes – etwas anderes bedeutet das Wort Narrativ in diesem Zusammenhang nicht – ja, das ist eine der Hauptfunktionen aller offiziellen Vertreter, kommen sie nun aus Russland oder Timbuktu. Genau dafür werden sie bezahlt. Die Mitarbeiter der deutschen Botschaften tun übrigens auch nichts Anderes, wenn sie gerade mal nicht damit befasst sind, ihr Gegenüber zu belehren (oder jener Abteilung angehören, die mit Militärputschen und ähnlichen Schweinereien befasst ist).
Agenten, das weiß Herr Haldenwang, hoffentlich weiß er es noch, haben ganz andere Aufgaben; beginnend damit, Bestätigungen oder Widerlegungen der öffentlich zugänglichen Informationen über das Gastland aus nicht öffentlichen Informationen zu liefern, bis hin zur Wirtschaftsspionage und zur unmittelbaren Kontrolle über einzelne Personen. Wer kein genaues Bild davon hat, was Agenten tun, kann auf der Webseite der CIA eine Menge veröffentlichter alter Dokumente finden, die einen ziemlich kompletten Überblick darüber liefern, was die Aufgabe von Agenten ist.
Mit seiner Formulierung “wir hatten eine Reihe russischer Agenten” impliziert er, die Ausweisung russischer Diplomaten aus Deutschland sei ein Erfolg der Spionageabwehr. Nun, entweder er lügt, oder er hat keine Ahnung von seinem eigenen Geschäft. Nur Idioten glauben nämlich, dass die Reaktion auf die Entdeckung eines (echten) Agenten dessen sofortige Entfernung ist. In Wirklichkeit passiert das Gegenteil; zum einen, weil man durch dieses Wissen die Information kontrollieren kann, die künftig über diesen Kanal läuft und damit auch die Möglichkeit hat, falsche Informationen zu platzieren. Zum anderen, weil ein entfernter Agent in der Regel ersetzt wird und diese neue Person dann erst neu gefunden werden muss.
Aber Haldenwang hat noch weitere Schwachstellen. Er ist ein Ideologe. Er äußert Sätze wie “Autoritäre Regime versuchen seit jeher, liberale Gesellschaften zu destabilisieren.” Dieser Satz ist kompletter Unfug; er sagt ihn, weil so etwas in Mode ist und die Gegenüberstellung autoritäre Regime und liberale Gesellschaften die Fantasie erzeugt, letztere seien die Guten.
Was mit der Realität wenig zu tun hat, selbst wenn man diese Selbstbeschreibung für wahr nimmt, denn die Liberalität bezieht sich nur auf das Binnenverhältnis, nicht auf das Außenverhältnis. Dazu kommt, dass eine etablierte liberale Demokratie zu sein, beispielsweise die Niederlande nicht davon abgehalten hat, Indonesien im Blut zu ertränken. Es hat auch Frankreich nicht davon abgehalten, in Algerien einen Kolonialkrieg zu führen, der ein Viertel der Bevölkerung auslöschte. Anders gesagt, außenpolitisch ist diese Beschreibung eine Nullaussage.
Sie ist es allerdings auch andersherum. Warum sollte ein “autoritäres Regime”, sagen wir einmal, in Nicaragua, auch nur irgendein Interesse an den Binnenverhältnissen der Bundesrepublik haben? Weil Menschen in “autoritären Regimen” grundsätzlich böse sind und den “Liberalen” an den Kragen wollen? Gleich, ob es irgendeine Auswirkung auf das eigene Land hat oder nicht?
Auch das ist völliger Unfug, und es gibt einen einfachen Faktor, der das bestimmt. Jede Form von Tätigkeit, und sei es die Anfertigung von Übersetzungen eigener Dokumente (wie etwa der bolivianischen Verfassung von Venezuela) kostet Geld, und auch der ganze Apparat, der mit Spionage beschäftigt ist. Wer wo wie spioniert, ist vom konkreten Interesse geleitet, und nicht von so etwas wie “autoritäre Regime” gegen “liberale Gesellschaften”, denn in jedem Land sitzen Haushälter und Buchhalter, die eine Rechtfertigung für Ausgaben verlangen (auch wenn die Ausgaben für die 17 Ämter für Verfassungsschutz weitgehend verborgen bleiben).
Also noch einmal – der Leiter der für Spionageabwehr zuständigen Behörde sieht in jeder Kontaktaufnahme eine Agententätigkeit und geht davon aus, unzählige Länder wollten ausgerechnet die Bundesrepublik destabilisieren. Ohne in diesem Zusammenhang die Tatsache einzubeziehen, dass der Hauptdestabilisator (und das wohl dokumentiert, s.o.) in den letzten Jahrzehnten weltweit die Vereinigten Staaten von Amerika waren, deren Spuren auch in Deutschland unübersehbar sind. (Übrigens, es gab einen Zeitpunkt in der bundesdeutschen Geschichte, zu dem die drei führenden Positionen im Bundesamt für Verfassungsschutz von drei Mitarbeitern der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR besetzt waren; das war vermutlich der einzige Moment, zu dem dort keine US-Agenten saßen).
Die Mitarbeiter des BfV hatten immer schon einen eigenartigen Demokratiebegriff, da sticht Haldenwang nicht heraus. Schließlich rekrutierte sich auch diese Behörde aus Hinterlassenschaften des Reichssicherheitshauptamts (RSHA), und war über Jahrzehnte hinweg vor allem mit der Kommunistenjagd befasst. Der Begriff der “wehrhaften Demokratie” stammt aus dieser Zeit und sollte vor allem darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesrepublik es sich eben nie so ganz traute, Demokratie zu sein. Ganz anders als Frankreich und Italien mit durchgehend legalen kommunistischen Parteien und einem echten Streikrecht. Wie auch immer.
“Die in Teilen unserer Gesellschaft parallel stattfindende Entfremdung von demokratischen Ideen und staatlichen Institutionen bietet ein zusätzliches Einfallstor. Insbesondere die Coronazeit war ein Motor für Demokratiekritik. Autoritäre Ideen leben von demokratischer Schwäche. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, unsere wehrhafte Demokratie zu schützen. Der Verfassungsschutz trägt dazu bei, indem er frühzeitig legitimen Protest von Bestrebungen unterscheidet, die unserer Demokratie schaden wollen und diese öffentlich macht.”
So hat Haldenwang seine Aufgabe beschrieben. Gut, nachdem ihm zur erfolgreichen Spionageabwehr schon die erforderliche Rationalität zu fehlen scheint, möchte er natürlich irgendwo Punkte machen. Also sieht er seine Aufgabe darin, die “Einfallstore” zu schließen und die “Motoren” abzustellen. Politisch wäre es natürlich zielführender, zu fragen, wer sich warum wovon entfremdet, und was an der Coronazeit “Demokratiekritik” ausgelöst haben soll. Zumindest meine persönliche Erinnerung besagt, dass die Kritik eher im Vorwurf mangelnder Demokratie bestand und das “autoritäre” in den Maßnahmen der Regierung zu finden war, aber persönliche Erinnerungen mögen täuschen … Völlig jenseits jedes Demokratiebegriffs bewegt sich allerdings die Feststellung, der Verfassungsschutz habe die Aufgabe, legitimen von illegitimem Protest zu unterscheiden.
Wie steht es denn mit den aus den USA finanzierten Klimaklebern? Die als legitimer Protest gezählt werden, obwohl sie für ihren “Protest” sogar bezahlt werden? Wie kann man diese Tätigkeit, die tatsächlich nur noch schwer nicht als Agententätigkeit zu beschreiben ist, für legitim erklären, die Proteste beispielsweise der Raffinerie-Mitarbeiter in Schwedt aber unter Generalverdacht stellen kann, weil das Öl, das dort raffiniert wird, aus Russland kommt?
Und in welchem Verhältnis steht das beanspruchte Recht, Protest zu klassifizieren, zum Diktum, alle Macht gehe vom Volke aus, und zur Tatsache, dass öffentliche Versammlungen, Kundgebungen, Demonstrationen die unterste und unmittelbarste Ebene sind, in der sich diese Souveränität verkörpert? Andersherum, wie viel Demokratie ist noch übrig, wenn eine Behörde, die unverkennbar Teil der Exekutive ist, dem Souverän, dem Volk, vorgeben darf, was legitimer und was illegitimer Protest ist?
Klar, dass der Leiter einer Behörde, die in Nachfolge des RSHA steht, Probleme damit hat, Rechtsextremismus zu erkennen. Es ist ja auch nicht nur sein persönliches Problem; über Jahrzehnte hinweg wurde der Rassismus der Nazis auf den Antisemitismus verengt, obwohl der Rassismus gegenüber den slawischen Völkern mehr Opfer forderte, und man mindestens ebenso sehr dort das Erbe der Nazis wittern müsste, wo dieser Rassismus gefördert wird. Im Ergebnis wirft er der AfD Rechtsextremismus vor, wo keiner ist (womit ich nicht gesagt haben will, dass es innerhalb der AfD keinen gäbe):
“Wir beobachten schon, dass die AfD oder Teile der AfD erheblich dazu beitragen, eben auch Extremismus zu fördern, in Deutschland, Hass, Hetze verbreiten, der Rechtsextremismus bekommt Teile seiner Ideologie eben auch aus diesem Umfeld, und indem eben aus Teilen dieser Partei heraus auch russische Narrative weitergegeben werden, weitergesteuert werden, trägt das dazu bei, dass Rechtsextremismus in Deutschland expandieren kann und auch in diesen Kreisen dann eben Putins Lied gesungen wird.”
Russische Narrative tragen dazu bei, dass der Rechtsextremismus in Deutschland expandieren kann? Und was ist mit diesem Wiedergänger der Geschichte vom slawischen Untermenschen, der bereits seit der Bombardierung Belgrads gehegt und gepflegt wird und inzwischen zu einer Frontstellung der “europäischen” Ukrainer gegen die “nichteuropäischen russischen Barbaren” aufgeblasen wurde?
Klingt das nicht vertraut? Wäre es nicht mindestens ebenso aufmerksam zu beobachten, nicht ebenso als Bedrohung der Demokratie zu werten? Nun, vermutlich hat man in den Fluren dieses RSHA-Abkömmlings nie aufgehört, diese Erzählungen zu pflegen, schon allein, um die Stellung als Schmuddelkind unter den deutschen Nachrichtendiensten irgendwie durch einen dauerhafteren Gegner zu kompensieren …
Übrigens sind die Aussagen des Herrn Haldenwang ein hübsches Beispiel, wie man vergleichsweise neue Worte wie Narrativ einsetzen kann, um die Wirklichkeit zu vernebeln. Der Begriff Narrativ stammt ursprünglich aus der Literaturwissenschaft und bedeutet schlicht “Erzählung”. Haldenwang nutzt diesen Begriff aber, um zu diskreditieren.
“Der Westen hat Russland unter Druck gesetzt, der Westen hat die Ursachen gesetzt, der Westen will die NATO ausweiten, und eins zu eins werden diese Kreml-Narrative dann (…) verbreitet.”
Sobald man den Begriff “Narrativ” durch den neutraleren “Sicht” ersetzt, wird klar, worin die Manipulation liegt. Eine Sicht darf und muss jeder haben, auch der Kreml. Ein Narrativ impliziert beim Leser, der diesen Begriff nicht in seinem ursprünglichen Zusammenhang kennt, sofort die Lüge, denn eine Erzählung ist etwas Erfundenes, während eine Sicht schlicht aus der Tatsache eines unterschiedlichen Standpunktes resultiert. Faktisch ist das, was Haldenwang auflistet, nicht einmal eine Sicht, sondern eine Aufreihung von Tatsachen; schließlich wird auch Haldenwang keinen Beleg dafür finden, dass der Westen die NATO nicht ausweiten wolle. Er macht nicht nur an mindestens einem Punkt aus einer objektiven, unbestreitbaren Tatsache eine Sicht des Kreml, sondern eine Erfindung.
Was seiner Argumentation, sofern man dies so nennen will, ebenso abgeht wie bei vielen anderen auch, ist, warum die Deutschen statt der Erzählung des Kreml der Erzählung der NATO folgen sollten. Dazu bedürfte es einer objektiven Begründung. Diese Notwendigkeit wird umgangen, indem, entgegen der ursprünglichen Nutzung des Begriffs im wissenschaftlichen Diskurs, nur noch eine Seite, die russische, über ein Narrativ verfügt, während der anderen Seite, der NATO, die reine und unanfechtbare Wahrheit unterstellt wird.
Nur, um es für all jene zu erläutern, denen dieser ursprüngliche Begriff fremd ist – menschliche Gesellschaften neigen dazu, die gebündelten Positionen, die sich aus den Interessen ergeben, in die Form einer Erzählung zu gießen; das ist ein Prozess, der selbst im kleinsten Kaninchenzüchterverein zu finden ist. Die Erzählung, das Narrativ, ist das, was über einen Rückblick auf ein aus womöglich inkonsistenten und widersprüchlichen Teilen gezimmertes Ganzes eine Rechtfertigung für das Handeln in der Gegenwart liefern soll. Ein Musterbeispiel dafür ist der Satz, den Haldenwang zu Beginn seiner Presseerklärung lieferte: “Autoritäre Regime versuchen seit jeher, liberale Gesellschaften zu destabilisieren.”
Von dieser Definition ausgehend ergibt sich logischerweise, dass mehrere konkurrierende Narrative existieren, die durchaus in ihrem Wirklichkeitsgehalt differieren können. Wenn nun ein konkurrierendes Narrativ B eine Bedrohung für ein Narrativ A darstellt – so würde sich das übersetzen, was Haldenwang behauptet, das Narrativ der deutschen Demokratie bzw. das Narrativ der NATO sei durch das russische Narrativ bedroht, das deshalb ferngehalten werden muss – dann kann das nur unter der Voraussetzung eintreten, dass Narrativ A weniger der Wirklichkeit entspricht, mehr innere Widersprüche aufweist oder schlicht den konkreten und realen Interessen zumindest eines Teils des Publikums entgegengesetzt ist. Sprich, es ist ein derart fadenscheiniges Gewebe, dass bei der ersten Belastung reißt.
Nun, die Coronamaßnahmen haben tatsächlich einen extremen Abstand zwischen dem demokratischen Narrativ und der diktatorischen Praxis erzeugt, so wie beispielsweise die permanente Verunglimpfung Ungeimpfter der Betonung, man sei gegen “Hass und Hetze”, diametral entgegenstand. Sowas kann schon das eine oder andere Loch in die Geschichte von der “liberalen Gesellschaft” reißen. Noch dazu, wenn man das Ganze mit ungezügelter Korruption und Zwängen zum Konsum eines Nicht-Impfstoffs garniert.
Das ist das Problem, wenn Behauptung und Wirklichkeit kollidieren, wenn Bild und Abbild nicht mehr übereinstimmen. Dann muss entweder das Narrativ geändert werden oder die Praxis. Die Probleme, die die westlichen Regierungen derzeit bei der Verteidigung ihres Narratives haben, beruhen allerdings darauf, dass sie das Unmögliche wollen: eine Erzählung durchsetzen, die mit der Realität nichts mehr zu tun hat.
Dass Haldenwang so lautstark den Hüter der Wahrheit gibt, hat aber sicher auch damit zu tun, dass ihm auf diesem Gebiet dank der einnehmenden Art der Grünen allerlei halbgare Konkurrenz erwachsen ist, in Gestalt all der Faktenchecker und Korrektive und ähnlicher halbprivater Halbnachrichtendienste. Klar, ein entsprechender Ausbau seiner Behörde und ihrer 16 Bundeslandzwillinge wäre sicher auf mehr Widerstand gestoßen, als der Versuch, sie noch einmal in Gestalt vermeintlich “zivilgesellschaftlicher” Strukturen zu replizieren.
Aber nun steht er da und muss die Bedeutung seines Amts auch noch gegen diese schmutzige Konkurrenz verteidigen, also noch ein bisschen lauter ins Horn stoßen und noch etwas mehr Denunziation fordern, und sei es, um das eigene Budget zu retten. Dass sich das Narrativ der Bundesrepublik wieder der Wirklichkeit nähert, oder gar die Wirklichkeit dem demokratischen Narrativ, ist bei so viel Einsatz kaum zu erhoffen. Die Einzigen, die von Haldenwang mit Sicherheit nichts zu fürchten haben, sind die echten Agenten in Deutschland. Egal, ob Klimakleber oder Cum-Ex-Kanzler, Haldenwang ist so im Narrativ gefangen, dass er Agenten nicht einmal erkennt, wenn sie unmittelbar vor ihm stehen.