Von Dagmar Henn
Wochen nach den Enthüllungen des Journalisten Seymour Hersh, aber nur wenige Tage nach dem Besuch von Olaf Scholz in Washington, wird nun eine Geschichte präsentiert, wie ein paar Privatpersonen mal eben Nord Stream sprengten. Und die Bundesregierung liefert sie auch noch.
“Was auch immer geschieht:
Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken.”
Erich Kästner
Jetzt ist es also so weit. Diese Nation verwandelt sich in einen Fußabtreter. Ausgerechnet die Bundesanwaltschaft liefert auch noch die lächerliche Geschichte, mit der von den Tätern von Nord Stream abgelenkt werden soll. Man habe auf Hinweise befreundeter Dienste hin eine Jacht durchsucht… und Sprengstoffspuren sowie gefälschte Ausweise gefunden.
Es ist eine Sache, wenn die New York Times eine Räuberpistole veröffentlicht, um von den USA als Tätern abzulenken. Es ist eine andere Sache, wenn eine deutsche Regierung, deren einzige Existenzberechtigung die Vertretung der Interessen der deutschen Bevölkerung ist, folgsam die Klappe hält, wenn ein vermeintlicher Verbündeter mal eben die Existenzgrundlagen der deutschen Nationalökonomie in Stücke bläst. Und es ist noch eine ganz andere Sache, wenn zusätzlich noch die deutschen Ermittlungsbehörden eingesetzt werden, um dem Märchen Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Klar, auch die Bundesanwaltschaft ist weisungsgebunden, die Weisungen erteilt das Bundesministerium für Justiz, also Bundesjustizminister Marco Buschmann. Angeblich hatte der in seiner Zeit als Bundesgeschäftsführer der FDP ein Zitat des Tatortreinigers Winston Wolf aus dem Klassiker “Pulp Fiction” an der Wand hängen: “He’s here to solve the problem.” Buschmann nahm das Zitat wohl zu persönlich und verordnete allen einen tiefen Schluck Kakao.
Seit der Rückkehr von Bundeskanzler Olaf Scholz ist klar, dass auch die Sanktionen gegen China, die die USA so gern hätten, brav exekutiert werden; der Bann gegen Huawei beim Ausbau von 5G (den es demzufolge nicht mehr geben wird) ist da ein deutliches Signal. Wenn es eine Sache gibt, die die letzten Reste einer ökonomischen Zukunft Deutschlands abräumt, dann sind das Sanktionen gegen China. Da kann Scholz noch so oft den Dackelblick aktivieren und von gut bezahlten Jobs und einer glorreichen Zukunft mit kohlenstoffneutraler Industrie in die Kamera säuseln.
Es ist, als wären alle Eigenschaften, für die die Deutschen einmal bekannt waren, verloren gegangen, bis auf die eine, die seit Jahrhunderten wie ein Fluch über dem Land liegt. Weg ist die Genauigkeit, weg ist die Pünktlichkeit, weg ist die Geselligkeit, weg ist der Stolz, weg ist die geistige Schärfe, die Philosophie, die Wissenschaft, geblieben ist das Lakaientum, die Knechtsgesinnung, die Unterwürfigkeit. Scholz, der sich in Washington die nächste Runde nationaler Demütigung abholte, entblödete sich nicht, sein Herrchen auch noch öffentlich zu preisen. Wäre er ein Hund, sähe man wenigstens deutlich, wie er sich auf den Rücken wirft, und niemand könnte das als Regieren verkaufen.
Und die deutschen Mainstreammedien verteilen den Kakao großzügig weiter, rühmen sich, “recherchiert” zu haben, dabei haben sie doch nur die Anweisungen aus dem Hause Buschmann exekutiert. Niemand auf diesem Planeten, außer jenen Deutschen, die Tagesschau & Co. noch Glauben schenken, hält einen anderen Täter für denkbar als die Vereinigten Staaten. Gestern kursierten im Netz schon hübsche Bildchen von Navy-Seals mit der Aufschrift “Wir definieren uns als pro-ukrainische Gruppe”. Die Witze werden weitergehen, und eine der größten Witzfiguren dabei heißt Olaf Scholz.
In Deutschland wird so getan, als bedeute das alles nichts. Weder Wohlergehen und Zukunftsperspektive der eigenen Bevölkerung noch das Ansehen Deutschlands im Ausland. Das hat den Nullpunkt bei seinem rasanten Absturz längst hinter sich gelassen. Inzwischen könnte man sich nicht nur das Auswärtige Amt sparen, sondern das ganze Regierungstheater, samt Bundestag. Ernennt doch einfach den US-Botschafter zum Gouverneur, dann wären die Verhältnisse wenigstens ehrlich.
Versailles, das war die Retourkutsche für die Plünderung Frankreichs 1871, das war zumindest teilweise zu rechtfertigen, und die Deutschen waren sich darüber im Klaren, dass sie gedemütigt werden. Die Schande nach 1945 war durch eine Blutspur durch Europa ehrlich verdient, und in beiden deutschen Staaten gab es aufrechte Menschen, die Jahrzehnte dafür arbeiteten, die Würde des Landes wiederherzustellen.
Was jetzt geschieht, ist eine koloniale Plünderung; das, was die Länder des kolonialen Südens mit Russland und China gerade zu beenden suchen. Und statt sich in Konsequenz dieser Entwicklung an die Seite eben dieser Länder zu stellen, gibt Scholz lieber den Komprador und dient dem Räuber.
Waren die Instruktionen für diese mediale Entlastungskampagne Teil der Instruktionen, die sich Scholz in Washington holte? Es gibt die Vermutung, dass diese Erzählung der Einstieg sein könnte, das Projekt Ukraine fallen zu lassen, weil erstens die Niederlage nicht mehr verdeckt werden kann und zweitens die Vereinigten Staaten fürchten, sonst gegen China keine Chance mehr zu haben.
Aber soweit das nicht an die Möglichkeit geknüpft ist, die Nord Stream-Pipelines ebenso wiederherzustellen wie das Verhältnis zu Russland, ändert das nichts an der deutschen Misere. Und zu beidem ist das Berliner Personal nicht im Stande; es wurde mit solcher Vehemenz und in solcher Breite auf den “unbegründeten russischen Angriffskrieg” und die “Solidarität mit der Ukraine” eingeschworen, dass eine Rückkehr zur Vernunft ohne Komplettaustausch nicht einmal vorstellbar ist.
Man kann es oft nicht verhindern, durch den Kakao gezogen zu werden. Die Bundesregierung hat beschlossen, ihn sichtbar und laut zu schlürfen. Sie erwartet von den Deutschen, es ihr gleichzutun. Und, Lust auf diesen Schluck?