Von Hans Bauer
Diffamierung, Zensur und Strafverfolgung treffen Kriegsgegner. Dabei sitzen die Volksverhetzer im Bundestag
Wer Zweifel an der Politik der deutschen Machthaber öffentlich äußert, hat keine guten Karten. Schlimmer ist es, Ursachen und Anlass des Ukraine-Krieges anders zu sehen als amtlich verordnet. Die offiziellen Reaktionen reichen von Diffamierung über berufliche Nachteile bis hin zu strafrechtlichen Sanktionen. Das Bundeskriminalamt meldete 2.821 Straftaten allein für 2022, die in direktem Zusammenhang mit dem Krieg standen. Explodiert ist die Anzahl von Ermittlungen nach Paragraf 140 Strafgesetzbuch (Billigung von Straftaten) mit 1.169 Fällen.
Wir erinnern an den Fall des Berliner Friedensaktivisten Heinrich Bücker. Er wurde wegen einer Rede am Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 2022 wegen „Billigung eines Angriffskrieges“ angeklagt. Das Amtsgericht Köln verurteilte Elena Kolbasnikowa wegen des gleichen Vorwurfs. Jüngstes Opfer der Gesinnungsjustiz ist Kay Strathus aus Düsseldorf. Er hatte Russlands Handeln als in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht bezeichnet und verletzte damit die verordnete Vorgabe zum Krieg. Ihm droht eine Strafe von 3.500 Euro. Noch geht es um Geldstrafen. Angedroht ist aber auch Gefängnis. Die „Taten“: Volksverhetzung, Billigung einer Straftat und andere Delikte – nach Belieben auslegbar. Gummiparagrafen. Die „Gefahr“: Störung des öffentlichen Friedens.
Die Strafverfolgungen gehen einher mit staatlicher Zensur, mit Verboten und Behinderungen der Auftritte von Wissenschaftlern und Künstlern, die nicht der Staatsräson folgen. Diskriminiert und verleumdet werden Friedensdemonstrationen wie die der „Handwerker für den Frieden“ in Bremen und Dessau und weiteren Städten vor allem im Osten. „Messias“ Gauck erklärt die Aufsässigkeit der Ostdeutschen mit der autoritären DDR.
Deutsche Medien hetzen gegen alles, was russisch ist, und heizen so die Feindschaft weiter an. Die eigene Bevölkerung wird manipuliert, viele folgen willenlos dem Kriegskurs. Nicht Friedensinitiativen bestimmen Deutschlands Politik, sondern Eskalation und Zuspitzung. Jede Gelegenheit wird dafür gesucht und genutzt. Keine Lüge ist ungeeignet. In Berlin steht das „Haus der russischen Wissenschaft und Kultur“ zur Zeit im Fokus der Feindpropaganda. Vorwurf: Verletzung der Sanktionen und Verbreitung russischer Propaganda. In Moskau betreibt das deutsche Goethe-Institut mit Sicherheit keine russische Politik.
Deutschland ist Kriegspartei. Die milliardenschwere Unterstützung der Ukraine zur Kriegführung gegen Russland – in diesem Jahr mit über 5 Milliarden Euro, jetzt sogar mit schweren Waffen und der Ausbildung ukrainischer Soldaten – widersprechen dem Friedensgebot des Grundgesetzes. Verletzt werden aber auch die Grundrechte auf Informations-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die einseitige Berichterstattung, das Verschweigen und Verfälschen der Tatsachen über Ursache und Anlass des Krieges und die Unterdrückung und Sanktionierung anderer Auffassungen verhindern offene Debatten. Eine unabhängige Meinungsbildung durch demokratischen Diskurs ist so unmöglich.
Wer gefährdet nun tatsächlich den öffentlichen Frieden, den Frieden überhaupt? Wer spaltet die Gesellschaft, hetzt die Menschen gegeneinander auf? Wer sind die wirklichen Volksverhetzer?
Die Politik dieser Regierung und die staatstreuen Medien geben Antwort auf diese Fragen, zwingen zum Nachdenken, fordern zum Handeln. Geboten ist Widerstand, auch die Nutzung juristischer Mittel. Wera Richter und Patrik Köbele, Vorsitzende der DKP, fordern jetzt gemeinsam mit dem Juristen Ralf Hohmann mit einer Verfassungsbeschwerde den „Rechtsstaat“ heraus. Sie beantragen, den im Handstreich vom Bundestag angenommenen Paragrafen 130 Absatz 5 StGB (Neufassung der Volksverhetzung) für nichtig zu erklären.
Der deutsche Imperialismus hat seine „bewährten“ Methoden und historischen Erfahrungen beim Vorbereiten und Führen von Kriegen. Am Anfang standen immer Volksverführung und Volksverhetzung. Am Ende stand der Abgrund. Aber gelernt hat er daraus nichts. Diesem Wahnsinn muss Einhalt geboten werden.
Zuerst erschienen in Unsere Zeit am 11.08.23