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Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Glaubt man US-Präsident Trump und dem US-Militär, dann ist der verrufene Chefterrorist von ISIS jetzt schon das fünfte oder das sechste Mal tot. Jedes Mal nach den früheren Berichten über sein Ableben bewahrheitete sich das Sprichwort von den „Totgesagten, die länger leben“.
Das erste Mal, dass al-Baghdadi für tot erklärt wurde war 2010. Damals am 19. April berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine Erklärung des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki, dass „der Anführer von Al-Qaida im Irak, Abu Ayyub al-Masri, und der mutmaßliche Chef des örtlichen Ablegers des Islamische Staats im Irak, Abu Omar al-Baghdadi, tot in einem Loch im Keller eines Hauses gefunden worden waren, nachdem es von Truppen umzingelt und gestürmt worden war.“
Aber die US-Armee reklamierte sofort ihren Anteil an diesem scheinbaren Erfolg. Laut New York Times (1) veröffentlichte das amerikanische Militär unmittelbar nach der Pressekonferenz von Ministerpräsident Maliki eine Erklärung, in der bestätigt wurde, dass al-Baghdadi bei einem gemeinsamen Überfall der irakischen und amerikanischen Streitkräfte in einem Haus in der Nähe von Tikrit getötet worden war (2)
Dieser Vorfall wurde schnell im Gedächtnisloch entsorgt, nachdem al Baghdadi bereits einige Zeit später als extrem brutaler aber genialer Anführer des Islamischen Staates große Teile des sunnitischen Iraks und der angrenzenden syrisch-arabischen Gebiete erobert hatte. Dann am 29. Juni 2014 verkündete ein Sprecher des Islamischen Staates in Irak und im Levant (ISIL) , dass die Gruppe von nun an unter dem Namen „Islamischer Staat“ (IS) firmierte. Er ernannte den „IS“ zum Kalifat und Baghdadi zu dessen Herrscher. So wurde aus Abu Bakr al-Baghdadi der „Kalif Ibrahim“. Der Titel „Kalif“ machte ihn zu einem direkten Nachfolger des Propheten Mohammed.
Dann, Anfang September ging erneut, ausgehend von offiziellen, irakischen Regierungsberichten, die Nachricht vom Tod des “Kalifen” al-Baghdadi, zusammen mit Fotos seiner Leiche um die Welt; nur um diesmal einige Tage später am 8. September 2014 von US-Seite dementiert zu werden. Womöglich lag es zu dieser Zeit im Interesse Washingtons al-Baghdadi nicht für tot zu erklären sondern am Leben zu erhalten, denn dadurch wurde erst die Rückkehr von US-Kampftruppen in den Irak wieder ermöglicht.
Zuvor, im Jahr 2011 war es der irakischen Regierung mit geschickten Schachzügen gelungen, US-Präsident Obama dazu zu bringen, alle US-Kampftruppen aus Irak abzuziehen. Für die Tatsache, dass er die fette Beute Irak mit ihren reichen Energiereserven und einer geo-strategischen Schlüsselposition im Mittleren Osten aus der direkten US-Kontrolle entlassen hatte, wurde Obama in den Folgejahren vom Tiefen Staat in Washington endlos kritisiert. Aber dann kam ISIL zu Hilfe. Dank der militärischen Erfolge der ISIL-Terroristen, die schließlich die Hauptstadt Bagdad bedrohten, bat 2014 die irakische Regierung die US-Armee um Hilfe. Für die US-Imperialisten war der Tag gerettet.
Obwohl ISIL im Irak seit etwa zwei Jahren als kriegsähnliche Kampfformation nicht mehr existiert, und die Iraker gut mit den zerschlagenen ISIL-Resten fertig würden, denkt Washington nicht daran, trotz wiederholter Aufforderung aus Bagdad, den Irak wieder zu verlassen. Das begründet Washington offiziell mit dem Argument: Wenn wir Irak jetzt verlassen, dann sammelt sich ISIL und erstarkt schnell wieder. Mit dieser Begründung kann man natürlich ewig im Irak bleiben!
Im Frühjahr 2015 zirkulierten monatelang Berichte, dass al Baghdadi bei einem US-Luftangriff auf ISIL-Stellungen bereits im März schwer verwundet worden sei. Während Radio Iran später berichtete, er sei an den Verletzungen gestorben, meldete z.B. Martin Chulov vom Guardian, der gute Kontakte zum Irak und dort zu IS-Anhängern hat, dass al-Baghdadi „wegen vermuteter Wirbelsäulenschäden weiterhin arbeitsunfähig ist und von zwei Ärzten behandelt wird, die von der Hochburg der Gruppe in Mosul zu seinem Versteck gereist“ seien.
Wieder andere Quellen meldeten, dass die Feldkommandanten von ISIS zusammen gekommen seien, um einen Nachfolge für den „Kalifen Ibrahim“ zu bestimmen, wobei bereits spekuliert wurde, ob dies zu einer Schwächung der Terrororganisation führen würde.
Allein die Amerikaner waren nicht an der Sache interessiert, erst Recht nicht an einer möglichen Schwächung von ISIL, der sich als extrem nützlicher Feind erwiesen hat. So meldet CNN im Juni 2015 (3) unter Berufung auf einen US-Regierungsbeamten, dass es „keine Informationen“ gebe, die darauf hinwiesen, dass al-Baghdadi verletzt worden sei. Außerdem nehme er „absolut am täglichen ISIS-‚Rennen‘ teil“.
Die nächsten Gerüchte um al-Baghdadis Tod kursierten Anfang Dezember 2016, während des verlustreichen Rückzugs des ISIL aus Irak über die Grenze nach Syrien. Seither sprach man nicht mehr von ISIL sondern nur noch von ISIS (Islamischer Staat in Syrien) oder einfach IS. Laut des in Großbritannien ansässigen „Syrian Observatory For Human Rights“ hatten sich zu der Zeit Top-ISIL-Kommandeure getroffen, um die einen Nachfolger al Baghdadis zu finden. Daher wurde erneut spekuliert(4), dass der Kalif bei der Mosul-Offensive der irakischen Streitkräfte, mit Unterstützung der US-Luftwaffe, getötet oder lebensgefährlich verletzt worden war. Zu der Zeit hatten eine ganze Reihe von Top-Terroristen ins Gras gebissen: insbesondere der Tschetschene Abu Omar, der Tunesier Abu Hija, und der aus dem Irak stammende Abu Osama.
Anfang Juni 2017 war es erneut soweit und die Nachricht vom Tod al Baghdadis machte weltweit Schlagzeilen. Diesmal sei er höchstwahrscheinlich bei einem russischen Luftangriff in der syrischen ISIS-Hochburg Raqqa getötet worden. Nach Geheimdienstberichten hätte dort eine Treffen der ISIS-Führung stattgefunden, um die Verteidigung Raqqas, der belagerten „Hauptstadt“ des „Kalifats“, zu planen.
Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte zwar, dass am 28. Mai ein Angriff stattgefunden hatte, nachdem Informationen über das Treffen der ISIS-Führung eingegangen waren. Aber die Russen warnten vor vorschnellen Schlüssen: „Nach den Informationen, die jetzt über verschiedene Kanäle geprüft werden, sei [Isis]-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi bei dem Treffen anwesend gewesen und bei dem Luftangriff eliminiert worden.“
Bei dem 10-minütigen russischen Luftangriff, bei dem Baghdadi getötet worden sei, seien ein halbes Dutzend hochrangiger Anführer der Terrororganisation, 30 Feldkommandeure und mehr als 300 Kämpfer, die zur Bewachung des Treffens herangezogen worden waren, getötet worden, so der britische Independent.
Und jetzt soll al Baghdadi sich mit einem Sprenggürtel selbst in die Luft gejagt haben, um der Gefangennahme durch eine US-amerikanische Spezialeinheit zu entgehen. Angesichts der Vorgeschichte ist es kein Wunder, dass viele an der offiziellen US-Version zweifeln. Idlib, wo sich al Baghdadi aufgehalten haben soll, ist die letzte Bastion der islamistischen Halsabschneider in Nordwest Syrien. Nach eigenen Angaben wird die von den Russen sehr genau beobachtet, bzw. elektronisch rundum überwacht.
In der fraglichen Zeit der angeblichen US-Operation seien keine US-Flugaktivitäten in der betreffenden Region festgestellt worden, so die offizielle Stellungnahme der Russen. Dafür könnte es zwei Erklärungen geben, welche die Russen nicht gut aussehen ließen. Erstens könnten die neuen US-Jagdbomber F-35 mit ihrer verbesserten Tarnkappenfähigkeit doch besser sein als ihr Ruf und sie waren für die russische elektronische Abwehr unsichtbar; dann hätten die Russen ein riesiges Problem, oder, zweitens, es gab einen Schlag mit einer kinetischen Waffe aus dem All, woran das Pentagon schon lange bastelt und die es bei dieser Gelegenheit ausprobieren wollte.
Bei der ganzen al Baghdadi-Geschichte sind die vielen Gemeinsamkeiten mit dem Osama bin Laden Narrativ auffällig. Auch bin Laden war öfters von den Toten auferstanden, wobei man anschließend nie wusste, ob der „neue“ bin Laden derselbe wie der alte bin Laden war. Ein bekannten Harvard-Ingenieur spezialisiert in Sprachanalysen behauptete z.B. anhand von angeblichen original Tonbändern von bin Laden, dass es sich dabei um verschiedene Personen handelte.
Auffällig ist auch, dass die sterblichen Überreste von al Baghdadi ebenso wie die von bin Laden in einen Hubschrauber geladen und dann über dem Meer entsorgt wurden; so zumindest in beiden Fällen die offizielle Version. Warum? Wem oder was will man mit dieser Vernichtung von Beweismitteln, nämlich der Leichen, vorbeugen?
Zumindest sind ohne Leichen keine weiteren DNA-Proben mehr möglich. Das würde einen gewissen Sinn ergeben, wenn man die Geschichte einiger hochrangiger US-Generäle über al-Baghdadi mit ins Kalkül nimmt:
Vor 12 Jahren, am 18. Juli 2017 schrieb die New York Times: „Seit mehr als einem Jahr soll der Anführer einer der berüchtigtsten aufständischen Gruppen im Irak, der Islamische Staat, ein mysteriöser Iraker namens Abu Omar al-Bagdadi sein… Trotz der Behauptung eines Vertreters des irakischen Innenministeriums im Mai, dass Baghdadi getötet worden sei, schien er unversehrt zu bleiben.“
Am Mittwoch habe nun der Chef-Sprecher des US-Militärs in Irak, General Kevin J. Bergner, eine neue Erklärung präsentiert für „al Baghdadis Fähigkeit, jedem Angriff zu entkommen: Er existiert gar nicht.“ Laut General Bergner hat ein hochrangiger irakischer Aufständischer, der vor kurzem gefangen genommen worden sei, erklärt dass der schwer zu fassende al Baghdadi tatsächlich eine erfundene Figur sei, deren Erklärungen auf Tonband von einem Mann namens Abu Abdullah al-Naima gelesen würden.
Das würde bedeuten dass beliebig viele Personen al-Baghdadi spielen konnten. So wie James Bond zuerst von Sean Connery, dann von Roger Moore und dann von Daniel Craig gespielt wurde. Daher kann Al Baghdadi auch nicht besiegt werden, denn wenn der eine tot ist, übernimmt der nächste seine Rolle.
Da über Baghdadis persönliche Charakteristika so gut wie nichts bekannt war, er stets sehr zurückgezogen lebte und nur mit einem kleinen Führungskreis verkehrte, wäre es in der Tat für Nachfolger einfach gewesen, bei einem Ausfall die al Baghdadi-Rolle zu übernehmen.
Diese „Verschwörungstheorie“ von US-General Berger könnte daher eine plausible Erklärung für die vielen Leben al Baghdadi sein. Mal sehen, ob er diesmal sogar vom Meeresgrund zurückkommt?
Quellen:
- https://www.nytimes.com/2010/04/20/world/middleeast/20baghdad.html
- https://www.newyorker.com/news/amy-davidson/the-deaths-of-al-baghdadi
- https://edition.cnn.com/2015/05/11/middleeast/isis-leadership/index.html
- https://www.thesun.co.uk/news/2328952/bloodthirsty-isis-leader-abu-bakr-al-baghdadi-rumoured-to-be-dead-after-senior-jihadis-are-called-to-a-secret-meeting-to-select-his-successor/
Zuerst erschienen bei KenFM Tagesdosis 01.11.2019