Von Hans Bauer
Pünktlich zum September, dem Monat des Friedens- und Antikriegstages, feiern deutsche Politiker und Manager die Einweihung einer neuen Artilleriefabrik von Rheinmetall in Niedersachsen. Der größten Munitionsfabrik Europas. Bei voller Kapazität eine Produktion von bis zu 350 000 Schuss jährlich. Gefeiert werden auch die zunächst 500 neuen Arbeitsplätze und die damit verbundene Infrastruktur. Mit bis zu 3 000 Arbeitsplätzen wird hier in den nächsten Jahren gerechnet. Papperger, Vorstandsvorsitzender des Konzerns, geht davon aus, dass bis 2027 im gesamten „Defencebereich“ (deutsche Kriegsindustrie) weltweit an 174 Standorten bis zu 500 000 Menschen beschäftigt sind. Eine „Jobmaschine“, wie er es nennt. Die Friedensgespräche hätten eine „gewisse Unruhe“ geschaffen, aber nur „kurzfristig“. Wir alle „wünschen uns Frieden“, heuchelt der Rüstungspräsident, Mitglied in fünf Aufsichtsgremien des Konzerns, und freut sich über Riesengewinne (Interview DLF 8.8.25).
Zeitgleich mit der Einweihung einigt sich das Bundeskabinett im Berliner Kriegsministerium auf ein Gesetz über den „Wehrdienst mit verpflichtenden Elementen“ (Pistorius). Mit „attraktivem Sold und attraktivem Wehrdienst“ besteht Zuversicht auf Freiwilligkeit. Gelingt der freiwillige Zuwachs an Personal von jährlich 20 000 auf insgesamt 260 000 Bundeswehrangehörige bis 2029 nicht, wird per Gesetz Wehrpflicht eingeführt. Die Pflicht zur Musterung ist bereits ab 2027 vorgesehen. Das kleine Scharmützel zwischen Pistorius und Wadephul, ob „Wehrdienst oder Wehrpflicht“, täuscht eine ernsthafte Debatte „zwischen gleichen Brüdern…“ lediglich vor.
Ergänzt wird der Friedensbeitrag mit der Meldung über einen bisher nie erzielten Rüstungsexport Deutschlands von 12,8 Milliarden Euro für 2024. Die „Friedensoffensive“ vervollständigt schließlich Klingbeil mit seinem Versprechen an Kiew, dass die deutsche Regierung für die Ukraine in den nächsten Jahren im Haushalt neun Milliarden Euro jährlich einplane.
Nicht Frieden steht also auf dem Programm, sondern Aufrüstung, Militarisierung und Krieg. Natürlich gegen Russland, wie von Wadephul bekannt: „Russland wird immer ein Feind für uns bleiben“, (2024 in einem Telefonat, an das man nicht oft genug erinnern kann). Und Merz als Vorsitzender des neu gegründeten Sicherheitsrates: „Russland ist und bleibt für lange Zeit die größte Bedrohung in Europa“.
Feind und Marschrichtung sind also klar. Kein Gedanke an eine Volksbefragung, an einen wirklich gerechten Frieden in Europa, an eine Friedenszukunft.
Kriegskredite und Kriegsprofite suggerieren dem Volk ein Wachstum, das tatsächlich nur Wenigen zukommt und – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht nur auf Sand gebaut ist, sondern auf explosivem Grund steht.
Mit einem demokratischen und sozialen dem Frieden verpflichteten Rechtsstaat hat das nichts gemein. Dagegen hilft nur Widerstand, wie ihn sogar das Grundgesetz einräumt. Deshalb unsere besondere Solidarität in diesen Tagen dem Kölner Antikriegs-Camp „Rheinmetall entwaffnen“.
Arbeitsplätze für den Krieg, sozialer Kahlschlag für den Sieg. Das ist Großdeutschland am Weltfriedens- und Antikriegstag 2025.
Hans Bauer ist Vorsitzender der GRH
Zuerst erschienen in den GRH Mitteilungen –ZTG 9-25